fiktive Inkassokosten: LG Dortmund schließt sich OLG Hamburg an

Hier der Hinweis auf das Urteil des LG Dortmund vom 23.06.2023 – 3 O 70/23. Dort wurde die Beklagte zwar zur Zahlung der Hauptforderung (Darlehen) verurteilt, aber bezüglich der Inkassokosten die Klage abgewiesen. Dies unter Bezugnahme auf OLG Hamburg, 15.6.2023, 3 MK 1/21

Aus der Entscheidung: “Das Gericht hat bereits in der Ladungsverfügung vom 29.03.2023 (…) auf das beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg anhängige Musterfeststellungsklageverfahren gegen die hiesige Klägerin (Az.: 3 MK 1/21) hingewiesen. (…) [Anmerkung: dazu hier und ZVI 2023/317]

Wegen der zwischen der dortigen Musterfeststellungsbeklagten (zugleich hiesigen Klägerin) als Forderungsgläubigerin und der B1 als Inkassodienstleisterin vereinbarten Vergütungsstruktur seien nach Auffassung des Senats die Rechtsverfolgungskosten in den konkreten Fällen bei der Musterfeststellungsbeklagten tatsächlich nicht angefallen und stellten damit keinen echten Vermögensnachteil dar. Die Inkassovergütung falle dem Urteil zufolge faktisch nur an, wenn sie von dem Verbraucher erfolgreich eingezogen werden könne. Gegenüber der Musterfeststellungsbeklagten als Auftraggeberin des Inkassos sei die Vergütung dagegen zunächst gestundet und müsse auch bei Erfolglosigkeit der Einziehung nicht von ihr gezahlt werden.

Kostenfreie Schuldnerberatung ist ein Gebot der Stunde! EU-Parlament verabschiedet Richtlinie mit deutlichen Verbesserungen

PM der BAG-SB vom 12.09.2023: Mit der gestern vom EU-Parlament verabschiedeten EU-Verbraucherkreditrichtlinie [vgl. www.europarl.europa.eu] wird erstmals in der Geschichte die Voraussetzung für ein Recht auf unabhängige und kostenfreie Schuldnerberatung geschaffen. „Das ist ein Meilenstein, der hilft, dass überschuldete Menschen schnell Rat bekommen und nicht länger von unseriösen Anbietern abgezockt werden”, sagte Ines Moers, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB). „Wir begrüßen die Entscheidung des EU-Parlaments ausdrücklich, denn mit dieser Richtlinie kann in Deutschland endlich ein Recht auf Schuldnerberatung umgesetzt werden. Die unsägliche Situation, mit der je nach Wohnort der Zugang unterschiedlich geregelt ist, hat somit bald hoffentlich endlich ein Ende”.

Seriöse Schuldenberatungen nutzen der gesamten Gesellschaft, betonte der Fachverband. „Dieser Nutzen kommt aber nur dann so wie gewünscht zum Tragen, wenn das Angebot allen Ratsuchenden unentgeltlich zur Verfügung steht. Insbesondere die vergangenen Jahre mit den Folgen der Pandemie und den Energiepreissteigerungen haben gezeigt, wie schnell Personen in finanzielle Schwierigkeiten geraten können”, schilderte Ines Moers die aktuelle Situation. Zudem habe sich gezeigt, dass Ratsuchende in finanzieller Not nur in seltensten Fällen über Mittel für kostenpflichtige Angebote verfügten. Im Gegenteil: Erfahrungsgemäß spitzt sich die Lage durch hohe Inkasso-Gebühren und zusätzliche Kosten zu und eine gütliche Einigung wird immer schwerer, je später die Menschen in die Beratung kommen. „Ein unentgeltlicher Zugang für alle bedeutet daher auch einen Schutz vor weiterer Überschuldung und vor unseriösen Anbietern”, so das Fazit des Verbandes.

Kindergrundsicherung II: Stellungnahme von Tacheles

Meldung 6.9.2023: Tacheles hat im Gesetzgebungsverfahren zur Kindergrundsicherung eine umfassende Stellungnahme zu den einzelnen Punkten des Gesetzes abgegeben, diese umfasst 53 Punkte auf 26 Seiten. Es werden dezidierte Vorschläge gemacht, was und warum und wie einzelne Paragrafen des “Ki-Grusi” Gesetzes geändert werden müssen.

Außerdem wird der Anspruch auf eine digitale Teilhabe konkretisiert und gefordert.

Kindergrundsicherung I: Gesetzesentwurf enttäuscht Bündnis

Die Bundesregierung hat ihren für diese Woche geplanten Beschluss zur Kindergrundsicherung vertagt (siehe tagesschau.de)

Gegen die bislang bekannten Pläne formiert sich Widerstand. Aus einer PM der Diakonie vom 13.9.2023:

“Der Gesetzesentwurf für eine Kindergrundsicherung (…) ist nach Ansicht des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG weiterhin enttäuschend. Trotz monatelanger Debatten reichen die dort gemachten Festlegungen für eine echte, armutsverhindernde Kindergrundsicherung bisher nicht aus. Für den schwierigen und zähen Kampf gegen Kinderarmut braucht es mehr Mut und Willen der gesamten Ampel für einen echten Systemwandel.

Verena Bentele, Präsidentin des VdK und Sprecherin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG mahnt: “Um noch einen gelungenen Einstieg in eine Kindergrundsicherung zu finden, muss jetzt der Bundestag ran! Unser Parlament muss unbedingt noch umfangreich nachbessern, damit erste wichtige Schritte im Kampf gegen Kinderarmut gemacht werden. Denn alle Kinder haben ein Recht auf ein gutes Aufwachsen mit echter Teilhabe.”

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: “Damit die Kindergrundsicherung armutsfest wird, muss das Gesetz deutlich verbessert werden. Die vorgesehenen Leistungen pro Kind sind zu gering. Viele Kinder haben keinen Zugang zu den Leistungen. Die Diakonie fordert deshalb, das Existenzminimum von Kindern neu zu berechnen. Kinder von Geflüchteten, die in Deutschland aufwachsen, dürfen nicht von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen werden. Außerdem müssen die neuen Anlaufstellen, die Familienservicebüros, klare Beratungsvorgaben haben und auskömmlich mit finanziellen Ressourcen und Personal ausgestattet werden”

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 13 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Dabei sollen möglichst viele Leistungen gebündelt, automatisiert sowie in ausreichender Höhe ausgezahlt werden.”