OLG München: Energiepreispauschale und Inflationsausgleichsprämie kein anzurechnenden Einkommens für die Verfahrenskostenhilfe

Hier der Hinweis auf OLG München, Beschluss v. 13.07.2023 – 16 WF 616/23 e, 16 WF 617/23 e. Daraus:

“Gemäß § 122 EStG darf die Energiepreispauschale insbesondere nicht auf einkommensabhängige Sozialleistungen angerechnet werden. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass diese Sozialleistung den Begünstigten auch bei Sozialleistungsbezug in voller Höhe zu Gute kommt. Auch die Verfahrenskostenhilfe ist eine einkommensabhängige Sozialleistung, die durch die Justizbehörden gewährt wird. Es ist daher konsequent, auch bei der Berechnung des für diese Sozialleistung maßgeblichen Einkommens die Energiepreispauschale ebenfalls unberücksichtigt zu lassen. (…)

Gemäß § 1 Nr. 7 der Bürgergeld-V sind nach § 3 Nr. 11 c des EStG steuerfrei gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbrauchspreise ebenfalls nicht zu berücksichtigen. (…)

Es trifft zwar zu, dass die Tatsache allein, dass eine Leistung steuerfrei gewährt wird, nicht dazu führt, dass sie bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens unberücksichtigt bleiben muss (…). Ein anderer Maßstab hat aber zu gelten, wenn die Leistung auch bei der Berechnung des für die Bewilligung von Grundsicherung maßgeblichen Einkommens unberücksichtigt bleibt, weil sie dann dazu dient, den gestiegenen Bedarf durch Inflation bzw. Energiekosten in Höhe des Existenzminimums durch zusätzliche Zahlungen abzudecken. (…)”

Sachverständigenrat für Verbraucherfragen zu den “Folgen der Energiekrise”

Aus einer PM des Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) vom 9.10.2023: Der russische Angriff auf die Ukraine ging mit einem massiven Anstieg der Energiepreise in Europa einher. Die Bundesregierung hat darauf reagiert und zahlreiche Maßnahmen, wie etwa die Preisbremsen für Strom und Gas, auf den Weg gebracht, um die Kostenbelastung der Haushalte einzudämmen. Wie sich die finanzielle Situation der Haushalte in Deutschland entwickelt hat, lässt sich nun erstmals anhand von Mikrodaten für insgesamt 4.444 Haushalte beantworten. Erhoben wurden die Daten durch den SVRV und forsa. (…)

In der Folge hat die Energiekostenbelastung unter den einkommensschwächsten Haushalten besonders stark zugenommen. Der Anteil der Energiekosten am Haushaltseinkommen beträgt im ersten, d.h. ärmsten, Einkommensquintil nun 16%, im zweiten Quintil 11%. Im Vorjahr lagen diese Werte noch bei 12 bzw. 8%. Zum Vergleich: Das fünfte, d. h. das wohlhabendste, Quintil wendet gerade einmal 4% des Haushaltseinkommens für Energiekosten auf.

Eine gängige Faustregel besagt, dass Energiekosten zur finanziellen Überlastung eines Haushalts führen können, wenn diese mehr als 10% von dessen Nettoeinkommen betragen. Im März 2022 traf dies auf 26% aller befragten Haushalte zu. Im Juli 2023 waren 43% aller Haushalte betroffen, im ersten und zweiten Quintil waren gar 87% bzw. 58% der Haushalte überlastet. Nach einer konservativeren Berechnung, die nur Haushalte berücksichtigt, die weniger als 80% des Medianeinkommens zur Verfügung haben, ist immerhin noch ein Viertel der Haushalte energiearm. (…)”

Siehe auch den Policy Brief des SVRV zum Thema.

Marktcheck: Unzulässige Kündigungsklauseln bei jedem siebten Unternehmen

Seit März 2022 gelten verbraucherfreundlichere Regelungen zu verkürzten Kündigungsfristen und Laufzeitregelungen. In einer gemeinsamen Aktion haben die Verbraucherverbände jetzt über 800 Unternehmen überprüft. Jedes siebte hält sich in seinen AGB nicht an die neuen gesetzlichen Vorgaben.

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes für faire Verbraucherverträge [siehe hier einen Überblick und Bundestagsseite] im März 2022 sind Verbraucher:innen nicht mehr so lange an Verträge gebunden. Sie können Verträge, etwa mit dem Handyanbieter, Energieversorger oder einem Fitnessstudio, nach Ablauf der Mindestvertragszeit nun mit einer Frist von einem Monat kündigen.

In ihrem Marktcheck stellten die Verbraucherzentralen fest, dass viele AGB nicht der aktuellen Rechtslage entsprachen – sowohl, was die verkürzten Kündigungsfristen betrifft als auch Vertragsverlängerungen. So stand in manchen AGB, dass sich ein Vertrag stillschweigend um einen bestimmten Zeitraum verlängert. In anderen AGB betrug die Kündigungsfrist mehr als einen Monat. Beides ist unzulässig. – Quelle und mehr: www.verbraucherzentrale.de

Was tun? Zum Beispiel folgende Hinweisseiten der Verbraucherzentralen lesen:

Regelsätze für 2024: Bundesrat stimmt zu

Letzten Freitag hat der Bundesrat den neuen Regelsätzen zugestimmt; genauer der – Achtung Wortungeheuer: – Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2024; siehe BR-Drs. 454/23.

Alleinstehende Erwachsene erhalten ab Januar 2024 monatlich 563 Euro – 61 Euro mehr als bisher. Übersicht:

Regelbedarfsstufe 1 (alleinlebende Erwachsene)563 Euro
Regelbedarfsstufe 2 (Erwachsene Partner*innen)506 Euro
Regelbedarfsstufe 3 (Erwachsene; § 27b SGB XII)451 Euro
Regelbedarfsstufe 4 (Jugendliche 14 bis 17 Jahre)471 Euro
Regelbedarfsstufe 5 (Kind 6 bis 13 Jahre)390 Euro
Regelbedarfsstufe 6 (Kind bis 6 Jahre)357 Euro

Auch die Beträge für den persönlichen Schulbedarf erhöhen sich um etwa zwölf Prozent: im ersten Schulhalbjahr von 116 Euro auf 130 Euro und im zweiten Schulhalbjahr von 58 Euro auf 65 Euro. Zum Schulbedarf zählen zum Beispiel Schreibutensilien, Taschenrechner oder Bastelmaterial.

Siehe für weitere Informationen und eine Einordnung die Seite des Paritätischen. Daraus: “In der politischen Debatte wird verschiedentlich wieder einmal auf ein Lohnabstandsgebot verwiesen: Erwerbsarbeit lohne sich nicht oder nur zu wenig, weil die Grundsicherungsleistungen zu stark stiegen. Dazu prinzipiell: die rechtliche Norm eines Lohnabstandes wurde vom Bundesverfassungsgericht 2010 kritisiert und findet sich seitdem nicht mehr im Gesetz. Für die Ermittlung des Existenzminimum sind die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt rechtlich nicht relevant. Gleichwohl ist es eine gesellschaftlich geteilte Norm, dass Erwerbstätige mehr Geld zur Verfügung haben sollen als Nicht-Erwerbstätige. Dies ist mit den geltenden Regeln auch gewährleistet, da [wird ausgeführt]”

iff-Projektabschluss: Altersdiskriminierung bei der Kreditvergabe

Aus einer Meldung des iff: “In diesem Forschungsprojekt, gefördert durch eine Zuwendung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, ging es um das bekannte Problem, dass der Zugang zu Kredit für ältere Menschen erschwert ist. Altersbedingte Benachteiligung bei der Kreditvergabe bedeutet für ältere Menschen, dass die gesellschaftliche Teilhabe sowie die Möglichkeit der Risikobewältigung mittels Kreditaufnahme zumindest eingeschränkt ist. Dies hat einen unmittelbaren Anstieg der Verwundbarkeit dieser Personen zur Folge; mittelbar werden dadurch zudem soziale Kosten erzeugt, da durch Benachteiligungen beim Kreditzugang die persönliche Lebensentwicklung bzw. -absicherung ungerechtfertigt eingeengt wird. Zweck des Forschungsprojekts war es, konkrete Lösungsansätze für eine nachhaltige Klärung dieser Problematik zu unterbreiten.

Zweck des Forschungsprojekts war es, konkrete Lösungsansätze für eine nachhaltige Klärung dieser Problematik zu unterbreiten.”

Auf der o.g. Webseite werden die wichtigsten Erkenntnisse des Projektes zusammengefasst und Empfehlungen ausgesprochen. Hier geht es direkt zum Abschlussbericht

SOZIALRECHT-JUSTAMENT zu “temporären Bedarfsgemeinschaften”

Thema der 10-2023-Ausgabe von SOZIALRECHT-JUSTAMENT ist die aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts B 7 AS 13/22 R vom 27.09.2023 zu “temporären Bedarfsgemeinschaften”, in denen Kinder getrenntlebender Eltern oftmals leben.

Strittig war, ob der Hauptbedarfsgemeinschaft ein pauschalierter Mehrbedarf für Bedarfsteile des Regelbedarfs zusteht, die nicht dadurch entfallen, dass sich das Kind tageweise beim umgangsberechtigten Elternteil aufhält (z.B. Bekleidung, Kosten für Möbel).

Wie immer ist auch diese Ausgabe von SOZIALRECHT-JUSTAMENT lesenswert!

SOZIALRECHT-JUSTAMENT zu “temporären Bedarfsgemeinschaften”

Thema der 10-2023-Ausgabe von SOZIALRECHT-JUSTAMENT ist die aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts B 7 AS 13/22 R vom 27.09.2023 zu “temporären Bedarfsgemeinschaften”, in denen Kinder getrenntlebender Eltern oftmals leben.

Strittig war, ob der Hauptbedarfsgemeinschaft ein pauschalierter Mehrbedarf für Bedarfsteile des Regelbedarfs zusteht, die nicht dadurch entfallen, dass sich das Kind tageweise beim umgangsberechtigten Elternteil aufhält (z.B. Bekleidung, Kosten für Möbel).

Wie immer ist auch diese Ausgabe von SOZIALRECHT-JUSTAMENT lesenswert!