Gerichtsurteile 3/2024

Gerichtsurteile 3/2024

zusammengestellt von Thomas Zipf

A Familienrecht

A1 Kindesunterhalt, Betreuungsunterhalt und Sorgerecht

A2 Ehegatten- und Trennungsunterhalt, Scheidung

A3 Leistungsfähigkeit und Abänderung des zu zahlenden Unterhaltes

A4 Elternunterhalt

A5 Großelternunterhalt A6 Ehegattenhaftung

gesamtschuldnerische Haftung A7 eheähnliche Lebensgemeinschaft

Beziehungen

B Insolvenzrecht

B1 Antrag und Eröffnungsvoraussetzungen B2 eröffnetes Verfahren

B3 Insolvenzforderungen B3.1 deliktische Forderungen

B3.2 nicht deliktische Forderungen B3.3. Insolvenztabelle

B4 Insolvenzmasse

B4.1 laufendes Einkommen B4.2. Vermögen

B4.3. Nachtragsverteilung B4.4. Absonderungsrechte

B4.5. einmalige Geldansprüche/Zahlungen B4.6. laufende Verträge

B4.7 Masseverbindlichkeiten B4.8. Erbe

B4.9. Aufrechnung B5 Obliegenheiten

B6 Restschuldbefreiung B7 Kosten

B8 Zwangsvollstreckung B9 Konto

B10 Regelinsolvenz

B11 Insolvenzverwalter/ Treuhänder B12 Anfechtung

B13 Zustimmungsersetzung B14 Insolvenzplanverfahren B15 Rechtsmittel

B16 Arbeitsverhältnisse/Insolvenzgeld B17 Insolvenzbetrug/verschleppung B18 Forderungstabelle

B19 Gläubigerrechte B20 Zahlen

B21 Ausland

Gliederung Hinweis: Zu diesen Gliederungspunkten werden Urteile gesammelt. Soweit keine Urteile übermittelt werden, werden einzelne Gliederungspunkte weggelassen

C Leistungsrecht

C1 Sozialleistungen allgemein C2 SGB II/SGB XII

C2.1 Leistungsberechtigte

C2.2 Regelleistungen/Mehrbedarfe C2.3. einmalige Leistungen

C2.4. Einkommen/Vermögen C2.5. Kosten der Unterkunft C2.6. Miet- und Energieschulden C2.7. Eingliederungsleistungen C2.8. Sanktionen

C2.9. Bestattungskosten

C2.10 Eingliederungsvereinbarung C2.11 Nothilfe

C2.12. Verrentung C2.13 Umgangsrecht C2.14 1 EURO Jobs

C2.15. zuständiger Leistungsträger C2.16. Bewilligungszeitraum C2.17 Heranziehung

Unterhaltsverpflichteter/Selbstverpflichtungen C2.18 falsche Auszahlung, Art der Auszahlung C2.19. Antrag auf Überprüfung

C2.20 Existenzgründung C2.21 Schenkung

C2.22 Unterhaltsverpflichtungen C2.23 Rückforderung/Aufhebung C2.24 Krankenkasse

C2.25 Haushaltshilfen C3 Kindergeld

C4 BuT (Bildungs- und Teilhabegutschein) C5 Pfändung von Sozialleistungen,

Aufrechnung, Verrechnung, Überleitung C6 Unterhaltsvorschuss

C7 Kostenerstattung Unterhaltspflichtiger, Forderungsübergang an Sozialleis- tungsräger,Kostenerstattung zwischen Sozialleistungsträgern

C8 Krankenkasse(nleistungen) C9 Krankengeld

C10 Rundfunk/TV-Gebühren C11 Wohngeld

C12 Elterngeld, Mutterschaftsgeld C13 Eingliederungshilfe/Behinderung C14 Arbeitslosengeld I

C15 BAFÖG/BAB

C16 Renten

C17 Soziale Entschädigung (OEG u.a.) C18 sonstige Sozialleistungen

C19 Kinderzuschlag

D Zivil- und Vertragsrecht, öfftl.Gläubiger

D1 Verjährung, Verwirkung, Zinsen D2 Wohnen

D2.1.Mietverträge mietvertragliche Regelungen

D2.2. Mietkürzung, Sanierung D2.3. Nebenkosten

D2.4. Kündigung/Auszug/Räumung D2.5. Miethöhe

D2.6. Immobilien D3 Bankrecht D3.1. Kredite D3.2. Konto

D3.3. Bürgschaft/Mithaftung

D3.4. Immobilienfinanzierung/Geldanlage D3.5. Kredit-/Kundenkarten

D4 Leasing

D5 Inkasso- und Kostenrecht (außer Anwaltsrecht)

D6 Rechtsanwälte Rechtsbeistände Steuerberater

D7 Schadensersatz/Schmerzensgeld D8 Widerruf/Kündigung von Verträgen D9 Versicherungsrecht

D10 Telekommunikation

D11 Fernabsatz Haustürgeschäfte Kaffeefahrten

D12 Energie

D13 Finanzamt/Steuern/Steuerberater D14 Partnervermittlung

D15 Wertersatz D16 Fälligkeit

D17 Fitnessstudios

E Vollstreckungs- und Prozessrecht

E1 Forderungspfändung E2 Kontenpfändung

E3 Sachpfändung und Vermögensauskunft

E4 Beratungs-, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe

E5 Kosten

E6 Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand

E7 Titulierung

E8 ZVG/Immobiliarvollstreckung E9 allgemein

E10 Geldstrafen, Geldauflagen, Bußgelder, Gerichtskosten

F Sonstiges

F1 Gerichtsbarkeit F2 Erbrecht

F3 Empfang/Zustellung F4 Strafrecht und OEG F5 Auskunftsdateien F6 Arbeitsrecht

F7 Schenkungen

F8 Haftung Minderjährige bzw. der Erziehungsberechtigten

F9 Geschäftsfähigkeit, gesetzliche Betreuung/Unterbringung

F10 Straßenverkehr F11 Ausländerrecht F12 Selbstständigkeit F13 Verbraucherrecht F13 Verbraucherrecht

F14 Volkswirtschaft/Gesellschaft

G Schuldnerberatung jnd Schuldner*innen G1 § 16a SGB 2

G2 Haftung

G3 Zielgruppen

G4 Insolvenzstellen G5 private Haushalte

kurios /beruhigend/endlich geklärt

A Familienrecht

A2 Ehegatten- und Trennungsunterhalt, Scheidung

Sittenwidriger Vergleich bei Verknüpfung der Fälligkeit von Zugewinnausgleichsforderungen mit der Gewährung von Umgang mit den gemeinsamen Kindern

BGH, 31.01.2024, XII ZB 385/23

Ein in einem güterrechtlichen Verfahren abgeschlossener gerichtlicher Vergleich, der das Verfahren beenden soll, ist unwirksam, wenn er sich als sittenwidrig darstellt. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass nicht schon jede Verbindung zwischen einer Elternvereinbarung zum persönlichen Umgang mit dem Kind und einer Beilegung vermögensrechtlicher Streitigkeiten zwischen den Eltern bereits als unzulässige Kommerzialisierung des Umgangsrechts anzusehen ist, solange das Recht und die Pflicht des Elternteils zum persönlichen Umgang mit dem Kind nicht angetastet wird.

B Insolvenzrecht

B3.1 deliktische Forderungen

Zulässigkeit der Vollstreckung wegen nicht befriedigter Steuerforderungen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und nach Erteilung der Restschuldbefreiung

FG Niedersachsen, 12.12.2023, 13 K 97/23

Eine Vollstreckung von Steuerforderungen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und nach Erteilung der Restschuldbefreiung des Steuerschuldners durch das Finanzamt, die auf einen Auszug aus der Insolvenztabelle gestützt wird, darf dem Grunde nach keinen eingetragenen Widerspruch des Schuldners gegen die Forderung dem Grunde enthalten bzw. muss ein solcher mit Widerspruch i.S.d. § 201 Abs. 2 InsO beseitigt worden sein. Soweit sich das Finanzamt auf die unterlassene Weiterverfolgung des Widerspruchs durch die Schuldnerin nach § 184 Abs. 2 InsO bezieht, so ist vorauszusetzen, dass eine Eintragung dieser besonderen Form der Widerspruchsbeseitigung entsprechend § 183 Abs. 2 InsO in die Tabelle erfolgt ist oder mittels entsprechendem Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO festgestellt worden ist. Diese Maßstäbe sind auch dann anzusetzen, wenn ein irrtümlich nicht eingetragener Widerspruch der Schuldnerin, wie vorliegend, erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und nach Erteilung der Restschuldbefreiung mittels Tabellenberichtigung durch das Insolvenzgericht eingetragen worden ist. Das Finanzamt hätte die beiden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen demnach nicht erlassen dürfen, sodass diese aufzuheben waren.

B4.7 Masseverbindlichkeiten

Aus Zwangsversteigerung im Insolvenzverfahren resultierende Steuer ist nicht zwingend Masseverbindlichkeit

FG Münster, 25.01.2024, 10 K 1934/21

Mit Urteil bei der 10. Senat des FG Münster entschieden, dass die aus der Zwangsversteigerung eines Grundstücks resultierende Einkommensteuer keine Masseverbindlichkeit darstellt, wenn die Beschlagnahme vor und die Versteigerung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist.

Der Kläger ist als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners bestellt worden. Das Finanzamt hatte bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund von Steuerschulden eine Zwangshypothek auf eine Eigentumswohnung des Insolvenzschuldners eintragen lassen und die Zwangsversteigerung beantragt, welche das Amtsgericht angeordnet hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde die Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss veräußert.

Das Finanzamt ermittelte aus der Zwangsversteigerung einen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG und setzte hierauf gegenüber dem Kläger Einkommensteuer fest, da es sich um eine Masseverbindlichkeit handele. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass eine Zwangsversteigerung nur dann ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 EStG darstelle, wenn der Grundstückseigentümer die Versteigerung durch Zahlung abwenden könne. Dies sei vorliegend wegen des Insolvenzverfahrens aber nicht der Fall. Darüber hinaus liege keine Masseverbindlichkeit vor, weil der Kläger weder die Verwertung der Immobilie betrieben habe, noch an der Verteilung des Veräußerungserlöses beteiligt gewesen sei.

Der 10. Senat des FG Münster hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Dabei hat er offengelassen, ob die Zwangsversteigerung im Streitfall tatsächlich den Tatbestand des § 23 EStG erfülle, denn jedenfalls handele es sich bei der Einkommensteuer nicht um eine Masseverbindlichkeit. Dies folge daraus, dass die Zwangsvollstreckung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeleitet worden sei. Bereits durch den Beschluss des Amtsgerichts über die Anordnung der Zwangsversteigerung sei es zur Beschlagnahme des Grundstücks gekommen. Der Senat folgte damit dem zu einem gleich gelagerten Fall ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. Februar 1978 (VIII R 28/73). Er grenzte sich zugleich von dem aktuelleren Urteil des BFH vom 07.07.2020 (Az.: VII R 13/19) ab, in dem die Zwangsversteigerung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeleitet worden war. Anders als in diesem Fall habe der Kläger als Insolvenzverwalter von vornherein keine Möglichkeit gehabt, das beschlagnahmte Grundstück noch selbst zu verwerten, etwa durch eine freihändige Veräußerung.

B6 Restschuldbefreiung

Objektive Gläubigerbenachteiligung durch Überweisung von Lohn durch Arbeitgeber auf ein geliehenes Konto unterhalb der Pfändungsfreigrenze

BFH, 21.11.2023, VII R 11/20

§ 191 Abs. 1 S. 1 und 2 AO sieht die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens durch Duldungsbescheid vor, soweit sie nicht durch Einrede nach § 9 AnfG geltend zu machen ist. Hier hat der Ehegatte als Schuldner Rechtshandlungen i.S.d. § 1 Abs. 1 AnfG durch Anweisung an seinen Arbeitgeber vorgenommen, die ihm geschuldeten Beträge auf das Konto seiner Ehefrau zu überweisen. Hiermit hat er dazu beigetragen, dass zumindest im Außenverhältnis Forderungen der Ehefrau als Kontoinhaberin gegen die Bank entstanden sind. Durch die Vornahme dieser Überweisungen der ihm zustehenden Geldbeträge hat der Schuldner eine objektive Gläubigerbenachteiligung begangen, mit der Folge, dass keine Pfändung seines Guthabens durch dessen Gläubiger aufgrund eines gegen ihn gerichteten Vollstreckungstitels mehr möglich war, obwohl sie nicht unter den Pfändungsschutz fielen.

C Leistungsrecht

C2.1 Leistungsberechtigte

Zum Anspruch auf Mehrbedarf gemäß § 21 Absatz 6 SGB II wegen Bedarfen, die durch den regelmäßig wechselnden Aufenthalt eines minderjährigen Kindes getrennt lebender Eltern infolge seiner Zugehörigkeit zu zwei Bedarfsgemeinschaften entstehen.

BSG, Urt. v. 27.09.2023 – B 7 AS 13/22 R

  1. Bezieht nur der Elternteil Bürgergeld, der die Kinder überwiegend betreut, ist das Sozialgeld für die Kinder diesem ungekürzt auszuzahlen. Das gilt auch, wenn sich die Kinder mehrere Tage pro Woche beim anderen Elternteil aufhalten.
  2. Eine Anrechnung der Umgangstage bei dem anderen Elternteil ist aber möglich, wenn dieser ebenfalls Leistungen vom Jobcenter erhält.‘

C2.2 Regelleistungen/Mehrbedarfe C2.3. einmalige Leistungen

C2.4. Einkommen/Vermögen

C2.5. Kosten der Unterkunft

Kein Auszahlungsanspruch des Leistungsempfängers gegen das JobCenter, wenn der Vermieter das Nebenkostenguthaben direkt an das Jobcenter auszahlt

LSG Hessen, Urt. v. 05.02.2024 – L 6 AS 127/23

Der Bürgergeldempfänger muss die Auszahlung des Guthabens vom Vermieter verlangen und dies gegebenenfalls auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen

Anforderungen an die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten LSG Hessen, Urt. v. 23.02.2024 – L 9 AS 138/19 u. L 9 AS 139/19

  1. Ein vom Leistungsträger zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten erstelltes Konzept ist unschlüssig, wenn die hierfür verwendeten Daten nicht repräsentativ für den zu beurteilenden Wohnungsmarkt sind.
  2. Die Repräsentativität der Daten ist nicht gegeben, wenn sie die Vermieterstruktur des Vergleichsraums nicht hinreichend wiedergeben. Die Stichprobenauswertung muss insbesondere die unterschiedlichen Vermietergruppen entsprechend ihres Anteils am Wohnungsmarkt enthalten oder eine entsprechende Gewichtung der vorhandenen Daten vornehmen.
  3. Sofern im Rahmen der Datenauswertung eine Gewichtung vorgenommen wurde, muss diese im Konzept transparent und nachvollziehbar offen gelegt werden.

C2.8. Sanktionen

Minderung des Arbeitslosengeldes 2 wegen Verhinderung der Anbahnung eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses

LSG Hamburg, Urt. v. 21.12.2023 – L 4 AS 276/22 D

  1. Bewilligtes Arbeitslosengeld 2 ist gemäß §§ 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 31a Abs. 1 S. 1, 31b Abs. 1 SGB 2 zu mindern, wenn der Arbeitslose die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit u. a. dadurch verhindert hat, dass er sich auf einen Vermittlungsvorschlag der Agentur für Arbeit nicht beworben hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.(Rn.24)
  2. Kann der Leistungsempfänger keine Nachweise dafür vorlegen, dass er aus den von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen sei, die angebotene berufliche Tätigkeit zu verrichten, so ist der Minderungsbescheid der Agentur für Arbeit nicht zu beanstanden.(Rn.37)

C5 Pfändung von Sozialleistungen, Aufrechnung, Verrechnung, Überleitung erfolgreicher Eilrechtsschutz gegen Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes bei unterlassener Mahnsperre des Jobcenters

SG Cottbus, Beschluss v. 01.12.2023 – S 25 AS 351/23 ER

C16 Renten

Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Ausland bei Erwerbsminderungsrente EuGH, 22.02.2024, C – 283/21

Das EU-Recht auf Freizügigkeit ist dahin auszulegen, dass der für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung leistungspflichtige Mitgliedstaat – soweit die betreffende Person die Voraussetzung der Ausübung einer Beschäftigung oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht erfüllt – verpflichtet ist, Erziehungszeiten ungeachtet dessen zu berücksichtigen, dass die Person dort weder vor noch unmittelbar nach diesen Zeiten Beiträge entrichtete.

Grundrente – Anrechnung des Ehegatteneinkommens verfassungsgemäß LSG Nordrhein-Westfalen, 30.01.2024, L 18 R 707/22

Die Anrechnung des Ehegatteneinkommens ist verfassungsgemäß

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D Zivil- und Vertragsrecht, öfftl.Gläubiger

D3 Bankrecht D3.1. Kredite

Anforderungen an die Informationspflicht eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags BGH, 27.02.2024, XI ZR 258/22

Der Widerruf eines Darlehensnehmers der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie ist die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB gerichteten Willenserklärung ist wirksam, wenn dieser fristgemäß innerhalb der Widerrufsfrist § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB abgegeben worden ist. Diese beginnt nicht zu laufen, bevor der Verbraucher die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Hierzu zählt die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Diese Anforderungen hat die Darlehensgeberin vorliegend ordnungsgemäß erfüllt, da sie die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entspricht, sodass sie sich auf die Gesetzesfiktion beruhen kann. Das Fehlen der Angaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Verzugszinssatzes sowie der Art und Weise seiner Anpassung gemäß § 356b Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB haben keinen Einfluss auf den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist. Ferner zählt zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Vertragskündigung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314 BGB, sondern, wie auch vorliegend, lediglich die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 BGB. Die Widerrufsfrist begann damit ordnungsgemäß zu laufen, sodass diese im Zeitpunkt der Abgabe der Widerrufserklärung des Darlehensnehmers bereits verfristet war.

D3.2. Konto

Personalisierte Bankdaten dürfen nicht an andere weitergegeben werden LG Lübeck, 01.12.2023, 3 O 153/23

Personalisierte Bankdaten dürfen nicht an andere weitergegeben werden. Geschieht dies trotz deutlicher Warnhinweise doch und wird daraufhin das Konto eines Kunden geplündert, muss die Bank das Geld nach einem Urteil des LG Lübeck nicht erstatten.

Ein Bankkunde erhält binnen kurzer Zeit mehrfach Telefonanrufe, bei denen sich der Anrufer als Bankmitarbeiter ausgibt. Beim dritten Anruf fordert der Anrufer den Kunden dazu auf, eine Internetseite zu öffnen und diktiert dabei die Webadresse Wort für Wort. Weiter erklärt der Anrufer, der Kunde werde gleich einen Link per SMS erhalten, den er in die Eingabemaske auf der Internetseite eingeben müsse.

Die besagte SMS erhält der Kunde sodann mit dem Einleitungssatz: “Bitte klicken Sie hier, um die PushTan-App einzurichten” sowie dem Hinweis: “Bitte leiten Sie diese SMS nicht an dritte Personen weiter! Kein Mitarbeiter wird Sie um Weitergabe dieser Daten bitten.” Der Kunde gibt die Linkadresse ein und es erscheint der Hinweis, die AGB seien erfolgreich aktualisiert. In Wirklichkeit handelte es sich bei dem Link jedoch um einen Registrierungscode für ein mobiles TAN-Verfahren. An den darauffolgenden Tagen werden von dem Konto des Kunden knapp 10.000 € abgebucht. Als der Kunde dies bemerkt, lässt er sein Konto sperren.

Vor dem LG Lübeck verlangt der Kunde von der Bank die Erstattung der knapp 10.000 €. Er habe den Anrufer für einen Bankmitarbeiter gehalten und sei aufgefordert worden, der Aktualisierung der neuen AGB zuzustimmen. Die Bank verweigert die Zahlung – sie wirft dem Kunden eine grob fahrlässige Verletzung seiner Sorgfaltspflichten vor.

Laut Gesetz muss eine Bank ihren Kunden Geld zunächst erstatten, das ohne Zustimmung der Kunden von deren Konto abgebucht wurde (§ 675 u S. 2 BGB). Wenn sich aber herausstellt, dass die Abbuchungen auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Kunden zurückzuführen sind – weil der Kunde nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen -, kann die Bank verlangen, dass der Kunde das Geld wieder an sie zurückzahlt (§ 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB).

Das LG Lübeck wies die Klage des Kunden ab. Zwar müsse die Bank die 10.000 € eigentlich erstatten. Der Bank stehe aber wiederum Schadensersatz gegen den Kunden in gleicher Höhe zu. Denn ein Kunde dürfe keine personalisierten Sicherheitsmerkmale wie einen Registrierungscode an andere weiterleiten. Das habe der Kunde aber grob fahrlässig getan. Auf Grund der deutlichen Warnhinweise in der SMS hätte sich jedem durchschnittlichen Kunden aufdrängen müssen, dass man die Daten nicht weitergeben darf und es nicht nur um die Aktualisierung der AGB ging.

Basiskonten

In Deutschland werden in der Spitze die teuersten Basiskonten angeboten. Das ergab ein europaweiter

Vergleich von Basiskonto-Entgelten des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Die Europäische Union hatte bereits 2014 eine Richtlinie verabschiedet, die Verbraucher:innen den Abschluss eines Zahlungskontos mit grundlegenden Funktionen zu erschwinglichen Konditionen ermöglichen soll. Die Mitgliedsländer haben die Begrenzung der Entgelte unterschiedlich effektiv umgesetzt. https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/europaweiter-vergleich-basiskonto-deutschland-am-teuersten

D3.4. Immobilienfinanzierung/Geldanlage

Anforderungen an die Angaben einer Bank zur Vorfälligkeitsentschädigung OLG Celle, 16.08.2023, 3 U 8/23

Es reicht es im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode aus, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Die Erläuterung des Umfangs der rechtlich geschützten Zinserwartung gehört danach grundsätzlich nicht zu den geschuldeten Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung.

D7 Schadensersatz Schmerzensgeld

Beginn der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 852 S. 2 BGB bereits mit der Entstehung des ursprünglichen Schadensersatzanspruchs

BGH, 28.11.2023, X ZR 83/20

Die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt bei Ansprüchen auf Schadensersatz vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage erfolgversprechend möglich ist. Zwar kann bei Vorliegen strafrechtlich relevanter Sachverhalte, wie vorliegend, aus dem Umstand, dass eine Strafanzeige erstattet worden ist, jedoch nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass der Anzeigeerstatter sämtliche für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs erforderlichen Kenntnisse hat. Hier hat der Schenker jedoch nicht nur eine Strafanzeige erstattet, sondern in dieser Anzeige auch seine Kenntnisse dokumentiert, die zurecht darauf schließen lassen, dass diese eine Schadensersatzklage bereits damals zumutbar erscheinen ließen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine bestimmte Mindestkenntnis bereits genügt, um den Verjährungslauf in Gang zu setzen. Wenn, wie vorliegend, die Verjährungseinrede gegen den deliktischen Schadensersatzanspruch erhoben wird, ist das Gericht jedoch verpflichtet, von sich aus zu prüfen, ob ein Anspruch aus § 852 S. 1 BGB gegeben ist. Der Anspruch auf Übertragung der Gesellschaftsanteile kann der Schenker hier auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist aus § 195 und § 199 BGB geltend machen, soweit die Beschenkte noch bereichert ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 2 BGB bereits mit der Entstehung des ursprünglichen Schadensersatzanspruchs beginnt.

E Vollstreckungs- und Prozessrecht

E4 Beratungs-, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe

Zumutbarkeit des Einsatzes des Vermögens zur Begleichung von Verfahrenskosten OLG Hamm, 20.11.2023, 4 WF 126/23

Zur Begleichung von Verfahrenskosten nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 115 Abs. 3 ZPO (Rechtsstreit um die Zahlung von Trennungsunterhalt) hat ein Beteiligter das jeweilige zumutbar zur Verfügung stehende Vermögen vollständig einzusetzen, wozu auch die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag gehört. Würde daher nach Zahlung der Verfahrenskosten von 2.500 EUR das Schonvermögen unterschritten, ist das für den Beteiligten zumutbar, auch wenn dieser beabsichtigt, später mit dem Schonvermögen ein Baudarlehen weiter führen zu wollen.

E9 allgemein

Anforderungen an die Form eines einen Vollstreckungsauftrag zur Pfändung und Verwertung beweglicher körperlicher Sachen elektronischen Dokuments

BGH, 17.01.2024, VII ZB 2/23

Ein von der Vollstreckungsbehörde in Form eines elektronischen Dokuments zu erteilender Vollstreckungsauftrag zur Pfändung und Verwertung beweglicher körperlicher Sachen nach dem Justizbeitreibungsgesetz (JBeitrG), der eine qualifizierte elektronische Signatur des bearbeitenden Mitarbeiters als der verantwortenden Person aufweist, genügt den im elektronischen Rechtsverkehr

geltenden Formanforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG i.V.m. § 753 Abs. 4 S. 2, § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO. Eine zusätzliche Einreichung des Vollstreckungsauftrags beim Vollstreckungsgericht in Papierform mit Unterschrift und Dienstsiegel ist nicht erforderlich, da das Gesetz insoweit keine weiteren Formerfordernisse vorsieht.

F Sonstiges

F5 Auskunftsdateien

Zum Schadensersatz wegen unberechtigter SCHUFA-Meldungen OLG Hamburg vom 10.01.2024 (13 U 70/23)

Umstände, die auf eine besonders pflichtwidrige unberechtigte SCHUFA-Meldung hindeuten, können zu einem deutlich erhöhten DSGVO-Schadensersatzanspruch führen.

Der Entscheidung des OLG Hamburg liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger führt bei der Barclay Bank ein Kreditkartenkonto. Nachdem er sein Konto kündigt, fordert die Bank einen Betrag von über 1.000 Euro. Der Kläger bestreitet diese Forderung. Die Barclay Bank meldet die offene Forderung dennoch bei der SCHUFA ein. Nachdem die SCHUFA diesen Eintrag nach einiger Zeit auf Aufforderung des Klägers löscht, erfolgt eine weitere Einmeldung der Forderung durch die Barclay Bank. In der Folge wird dem Kläger durch die ING die Gewährung eines Kredits verweigert und durch die Hanseatic Bank eine Kreditkarte gesperrt. Der Kläger fordert nunmehr gerichtlich Schadensersatz aufgrund der – seiner Ansicht nach zu Unrecht erfolgten – SCHUFA-Meldungen. Das Landgericht erkennt in erster Instanz einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.000 Euro zu. Gegen die Höhe des Schadensersatzes richtet sich die Berufung des Klägers.

Die Berufung hat weitgehend Erfolg. Das Oberlandesgericht spricht dem Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 4.000 Euro zu. Die Beklagte habe gegen ihre Pflichten aus der DSGVO verstoßen, indem sie ihre Forderungen gegen den Kläger zweimal an die SCHUFA meldete, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Hierdurch sei dem Kläger ein ersatzfähiger immaterieller Schaden entstanden, da sein soziales Ansehen durch die Darstellung als unzuverlässiger Schuldner gelitten habe. Dem Kläger seien zudem negative Konsequenzen in Bezug auf die Gewährung eines Kredits und die Sperrung seiner Kreditkarte entstanden. Das Berufungsgericht hat zudem den Umstand, dass die Beklagte trotz weiteren Bestreitens der Forderung durch den Kläger, eine zweite Meldung vorgenommen habe, besonders gewichtet. Ein solches Verhalten zeige, dass die Beklagte jedenfalls unter billigender Inkaufnahme des als möglich erkannten pflichtwidrigen Erfolges ihre Pflichten aus der DSGVO verletzt habe. Aufgrund der Umstände hat das Gericht einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.000 Euro je Meldung, also insgesamt 4.000 Euro zuerkannt. In vergleichbaren Fällen ohne konkrete Auswirkungen der SCHUFA-Meldung und ohne vorsätzliches Vorgehen der Beklagten hatte das Gericht bisher einen Schadensersatzanspruch von 1.000 Euro je Meldung zuerkannt.

Quelle: vzbv

F10 Straßenverkehr

Mit 120 km/h durch die Innenstadt – Auto zu Recht sichergestellt Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 18.03.2024 – 5 L 193/24.NW –

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat in einem Eilverfahren die Sicherstellung eines Fahrzeugs nach einem gefährlichen Überholmanöver als rechtmäßig bestätigt.

G Schuldnerberatung und Schuldner*innen

G5 private Haushalte

Verbraucher-Umfrage der SCHUFA: Vielen Geringverdienern geht das Geld aus

Jeder dritte Haushalt mit geringem Einkommen fürchtet, seine Kredite nicht zurückzahlen zu können – deutlicher Anstieg seit dem Frühjahr 2023 // Nur jeder zehnte Geringverdiener hat genügend Rücklagen, um die steigenden Lebenskosten abzufedern // Zwei Drittel der Menschen in Deutschland blicken mit Sorge in die Zukunft

Wiesbaden, 18. März 2024 – Die Stimmung der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher bleibt auch 2024 gedämpft. Die Angst vor der Zukunft ist konstant hoch und verharrt auf dem Niveau des Vorjahres. Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen empfinden ihre finanzielle Lage weiterhin als sehr

angespannt. So fällt es ihnen etwa schwerer, ihre Kredite zurückzuzahlen. Zwar können wieder etwas mehr Menschen Rücklagen bilden als noch im Herbst des Vorjahres. Allerdings zeigt sich auch hier ein deutliches Gefälle zwischen den Einkommensgruppen. Dies sind Ergebnisse der neuen, repräsentativen SCHUFA Verbraucher-Umfrage, die im Februar 2024 durchgeführt wurde.

Sorgen der Menschen weiterhin hoch

Knapp zwei Drittel der Deutschen (63 Prozent) blicken auch weiterhin ängstlich in die Zukunft. Davon haben 10 Prozent sehr große Angst, 53 Prozent sind eher sorgenvoll gestimmt. Das Grundgefühl hat sich damit seit den vergangenen zwei Jahren auf einem Niveau eingependelt, das von weitverbreiteten Zukunftsängsten bestimmt wird. Seit der Befragung im Mai 2022 lag der Anteil derjenigen, die mit sehr großer Angst oder eher sorgenvoll in die Zukunft blicken, nicht mehr unter 60 Prozent.

Hohe Verbraucher- und Energiepreise sind die größten Sorgen

Die größten Sorgen der Deutschen bleiben die hohen Energiekosten (71 Prozent) und die allgemeinen Preissteigerungen (70 Prozent). 69 Prozent der Befragten fürchten zudem steigende Abgaben und Steuern. Getrieben von diesen Sorgen versuchen die Menschen weiterhin zu sparen, wo es geht. 83 Prozent versuchen nach eigenen Angaben, ihre Ausgaben insgesamt zu reduzieren. 75 Prozent geben beim Einkaufen und Shoppen bewusst weniger aus. 89 Prozent versuchen, Energie zu sparen.

Hier zeigen sich teilweise Unterschiede im Antwortverhalten der Einkommensgruppen: Insbesondere die Angst vor allgemeinen Preissteigerungen ist bei den Menschen mit niedrigem Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.000 Euro mit 78 Prozent deutlich höher als bei Menschen mit mittlerem oder höherem Einkommen (69 bzw. 60 Prozent). Hier liegen 18 Prozentpunkte Differenz zwischen den Geringverdienern und der höchsten Einkommensklasse. Auch beim Shopping und Einkaufen versuchen deutlich mehr Geringverdiener zu sparen (82 Prozent) als die höchste Einkommensgruppe (67 Prozent), wohingegen die Bemühungen, Energie einzusparen über alle Einkommensklassen hinweg konstant verteilt ist. Die Ausgaben insgesamt zu reduzieren, ist bei den Geringverdienern (87 Prozent) wie auch in der mittleren Einkommensgruppe (84 Prozent) ein sehr häufig genannter Vorsatz – mit größerem Abstand zur höchsten Einkommensgruppe (74 Prozent).

Die Angst, in Zukunft weniger Geld zur Verfügung zu haben, ist in den unteren Einkommensschichten besonders hoch: 64 Prozent der Befragten mit weniger als 2.000 Euro befürchten, dass ihnen weniger Geld übrigbleibt. Bei den höchsten Einkommensgruppen (4.000 Euro und mehr) sorgen sich hingegen nur 37 Prozent, dass ihnen in Zukunft weniger Geld zur Verfügung stehen wird.

„Die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen, dass die Stimmung in vielen deutschen Haushalten weiterhin sehr angespannt ist – und sich dies auch im alltäglichen Konsumverhalten der Menschen niederschlägt”, sagt SCHUFA-Vorstand Dr. Ole Schröder. „Vor allem Menschen mit geringem Einkommen empfinden ihre finanzielle Situation nachhaltig belastend. Aber auch Menschen in der Mittelschicht nehmen ihre wirtschaftliche Lage weiterhin angespannt wahr.”

Menschen mit geringem Einkommen fällt es schwerer, Kredite zurückzuzahlen

Ebenfalls befragt wurden die Menschen nach ihren Möglichkeiten, ihre laufenden Kredite zu bedienen. Dass insbesondere Menschen mit geringem Haushaltsnettoeinkommen in einer prekären Situation sind, zeigen hier auch die folgenden Zahlen: Fast einem Drittel (31 Prozent) der Haushalte mit einem Einkommen von unter 2.000 Euro, die in den vergangenen sechs Monaten einen Kredit aufgenommen haben, fällt es sehr schwer, diesen zurückzuzahlen. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als im Herbst 2023 und sogar 14 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Einen höheren Wert (37 Prozent) gab es bisher lediglich im Oktober 2022, dem ersten Winter der Energiekrise. In Haushalten mit einem Einkommen von über 4.000 Euro sagen hingegen nur fünf Prozent, dass es ihnen sehr schwerfällt, einen aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. In der mittleren Einkommensgruppe sind es immerhin noch 20 Prozent.

Zu den 31 Prozent der Geringverdiener, denen es sehr schwerfällt, den Kredit zurückzuzahlen, kommen weitere 33 Prozent aus dieser Einkommensgruppe hinzu, die ihre Rückzahlungsmöglichkeiten als „eher schwierig” einschätzen. Somit äußern insgesamt zwei Drittel dieser Gruppe Bedenken hinsichtlich ihrer Rückzahlungsmöglichkeiten.

„Auch in unserem Datenbestand sehen wir, dass die Zahl der Personen, die erstmals Zahlungsstörungen haben und somit ihre Rechnungen und Kredite nicht bedienen können, im Januar 2024 um 16 Punkte über dem Indexwert des Vorjahreszeitraums lag und im Februar 2024 um 20 Punkte darüber,“ sagt Dr.

Ole Schröder.

Mehr Menschen können wieder Rücklagen bilden

Eine leichte Entspannung zeigt sich bei den Rücklagen: 28 Prozent der Befragten sagen, dass sie genügend Rücklagen haben, um die steigenden Lebenshaltungskosten abzufedern – im Oktober 2023 waren es nur 21 Prozent. 32 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher haben noch Rücklagen, befürchten aber, dass diese nicht ausreichen werden. 16 Prozent haben ihre Rücklagen bereits aufgebraucht und 19 Prozent sagen, sie verfügen über keinerlei Rücklagen.

Auffällig ist auch hier ein starker Zusammenhang mit dem Einkommen: Haushalten mit einem Einkommen von weniger als 2.000 Euro fällt es deutlich schwerer, Geld zurückzulegen. Hier sagen nur 11 Prozent, dass sie genügend Rücklagen haben, um die steigenden Lebenshaltungskosten abzufedern. In der mittleren Einkommensgruppe (2.000 bis 4.000 Euro) sind es 29 Prozent, in den Haushalten mit einem Einkommen von mehr als 4.000 Euro sogar 52 Prozent. Gleichzeitig sagen 33 Prozent der Geringverdiener, dass sie über keinerlei Rücklagen verfügen – in den mittleren und höheren Einkommensgruppen sind dies mit 15 und fünf Prozent deutlich weniger Menschen.

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Zur Umfrage: Die NORDLIGHT research GmbH hat im Auftrag der SCHUFA Holding AG vom 14.02.- 23.02.2024 im Rahmen eines Online-Panels eine bevölkerungsrepräsentative quantitative Erhebung durchgeführt (n=1.000). Die SCHUFA Holding AG führt diese Verbraucher-Umfragen seit September 2020 mehrmals pro Jahr durch.

kurios /beruhigend/endlich geklärt

Flüchtiger Strafgefangener muss für eigene gerichtliche Klage eine ladungsfähige Anschrift angeben OLG Frankfurt am Main, 07.03.2024, 16 W 5/24

Der Beitrag Gerichtsurteile 3/2024 erschien zuerst auf LAG-SB Hessen.

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