AG Ludwigsburg, Urteil vom 10.3.2017, Az. 10 C 13/17

Die regelmäßige Verjährungsfrist bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsansprüche bei zu Unrecht von der Bausparkasse einbehaltenen Darlehensgebühren beginnt, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zumutbarkeit der Klageerhebung, nicht vor dem Schluss des Jahres 2014 zu laufen.

Die Kläger verlangten von einer Bausparkasse vor Gericht die Rückzahlung von Gebühren für Auffüllkredite und Darlehensbearbeitung.

Die Bausparkasse war lediglich bereit aufgrund der aktuellen Rechtslage zur Erhebung von Darlehensgebühren (BGH, XI ZR 552/15) ca. 80 Euro der geforderten über 2291,45 Euro zu zahlen, da die restlichen Forderungen verjährt seien. Die Verjährungsfrist beträgt regelmäßig drei Jahre ab dem Jahresende des Zeitpunkts der Anspruchsbegründung. Die Bausparverträge der Kläger wurden 2010 und 2011 abgeschlossen und der Anspruch auf die Rückzahlung begann mit der Zahlung dieser Gebühren. Die Frist wäre somit abgelaufen.

Der Fristbeginn könne sich jedoch in Ausnahmefällen verschieben. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.10.2014 zur Unzulässigkeit von Darlehensgebühren sowie Bearbeitungsgebühren bei Darlehensverträgen sei dieser Fall eingetreten. Die Verjährungsfrist des Anspruchs des Ehepaars auf Rückzahlung der Gebühren begann folglich am 31.12.2014 und endet am 31.12.2017.

Die Klage wurde daher fristgerecht erhoben und den Eheleuten steht die Rückzahlung sämtlicher an die Bausparkasse gezahlter Darlehens- und Auffüllgebühren in der geforderten Höhe zu

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SG Landshut, Urt. vom 18.04.2017, Az. S 7 AS 465/1

Das SG Landshut hat entschieden, dass ein Leistungsempfänger beweisen muss, dass er sich auf eine vom Jobcenter vorgeschlagene Stelle beworben hat, da ihm ansonsten eine Leistungskürzung drohe.

Das Jobcenter kürzte einem Hartz IV-Empfänger das Arbeitslosengeld II um 30%, weil er sich nicht auf eine vom Jobcenter vorgeschlagene Stelle beworben habe. Der Kläger behauptete zwar, dass er ein Bewerbungsschreiben an den betreffenden Arbeitgeber geschickt habe. Der gab jedoch an, keine Bewerbung erhalten zu haben. Gegen die Leistungskürzung klagte der Hartz IV-Empfänger.

Das SG Landshut hat die Klage abgewiesen.

Das Jobcenter sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Leistungsbezieher den Zugang der Bewerbung sicherstellen und nachweisen müsse. Dies sei etwa möglich durch den Versand der Bewerbung mittels Einwurf-Einschreiben oder durch telefonische Nachfrage beim potenziellen Arbeitgeber, ob die Bewerbung dort eingegangen sei. Der bloße Versand mit einfachem Brief sei dagegen nicht ausreichend.

Quelle: juris Newsletter vom 15.05.2017

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BGH Beschl. vom 16.3.17, Az. IX ZB 45/15

Der BGH stellt in diesem Beschluss klar, dass die Mietkaution nicht in die Insolvenzmasse fällt, wenn der Insolvenzverwalter die Enthaftungserklärung gem. § 109 Abs. 1 S. 2 InsO abgegeben hat. Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution bei Beendigung des Mietverhältnisses steht damit dem Schuldner zu.

Anmerkung Kai Henning:
Heyers Frage ”Wem gehört die Mietkaution?“ in der ZInsO 2015, 1181 ist nun entschieden. Der BGH räumt mit dieser Entscheidung die nach seinen Entsch. vom 22.5.14 (-IX ZR 136/13-) und vom 9.10.14 (-IX ZA 20/14-) entstandenen Unsicherheiten aus. Die Mietkaution fällt nicht in die Insolvenzmasse, wenn der Verwalter die Erklärung gem. § 109 Abs. 1 S. 2 InsO abgegeben hat. Die Reichweite dieser Erklärung, auch das stellt der BGH fest, steht ” nicht zur Disposition des Insolvenzverwalters“. Damit schiebt der 9. Senat der Idee, eine Erklärung gem. § 109 Abs.1 S.2 InsO abzugeben, die den Kautionsrückgewähranspruch nicht umfasst, sofort einen Riegel vor. Die Verwalter stehen daher jetzt vor der Frage, ob sie die Enthaftungserklärung weiterhin abgeben sollen, um die Insolvenzmasse vor Forderungen des Vermieters des Schuldners zu schützen, oder ob sie die Erklärung nicht abgeben, um mögliche Kautionsrückzahlungen für die Insolvenzmasse einziehen zu können. Bei Beantwortung dieser Frage dürfte zumindest feststehen, dass sich die Verwalter zur Abwehr von Masseverbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis des Schuldners kaum darauf berufen können, vom Schuldner über das Mietverhältnis nicht informiert worden zu sein, wenn der Schuldner seine Wohnanschrift im Antrag korrekt angegeben hat. Die Mietkaution darf gem. § 551 BGB einen Betrag des dreifachen der Kaltmiete nicht übersteigen.

Quelle: Newsletter Kai Henning, April 2017

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Bundesrat billigt Transparenzregeln für mehr Lohngleichheit

Der Bundesrat hat am 12. Mai 2017 einen Gesetzesbeschluss des Bundestages zur Beseitigung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern gebilligt. Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erhalten danach künftig einen Auskunftsanspruch zu ihren Entgeltstrukturen.
Es soll Beschäftigten, die nicht nach Tarif bezahlt werden, ermöglichen, die Kriterien zur Festlegung ihres Lohnes, die Kriterien einer vergleichbaren Tätigkeit und die Entlohnung der vergleichbaren Tätigkeit zu erfragen. Tarifgebundene Betriebe müssen bei Geltendmachung des Auskunftsanspruchs den relevanten Tarifvertrag nennen. Der Auskunftsanspruch soll die Durchsetzung der Lohngleichheit erleichtern.
Darüber hinaus fordert das Gesetz private Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten auf, die Löhne regelmäßig auf Entgeltgleichheit zu überprüfen.
Die Regelungen sollen am Tag nach ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Quelle: Bundesrat-Newsletter vom 12.05.2017

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Sanktionen und Klagen im SGB II

Im Jahr 2016 wurden insgesamt 648.000 Widersprüche gegen Entscheidungen des zuständigen Trägers im Rahmen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) eingereicht. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/12193) auf eine Kleine Anfrage (18/11950) der Fraktion Die Linke. Darin heißt es weiter, dass im vergangenen Jahr 115.000 Klagen gegen SGB-II-Bescheide eingereicht und insgesamt 939.000 Sanktionen neu ausgesprochen wurden. Die Sanktionssumme lag 2016 demnach bei rund 175 Millionen Euro.

Quelle: hib- Heute im Bundestag Nr. 303 vom 15.05.2017

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Bundesrat für mehr Verbraucherschutz bei Telefonwerbung

Der Bundesrat möchte Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor schnellen Vertragsabschlüssen am Telefon schützen und hat am 12. Mai 2017 einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen.
Hintergrund ist, dass Erhebungen von Verbraucherzentralen belegen, dass das Geschäft mit überraschenden Werbeanrufen oder untergeschobenen Verträgen weiterhin floriert. Die Verschärfungen, die mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken 2013 eingeführt wurden (u.a. ein Bußgeldbestand für unerlaubte Werbeanrufe; Verträge im Bereich der Gewinnspiele sind seitdem nur gültig, wenn sie schriftlich gefasst wurden) haben nicht die erwünschte Wirkung gezeigt. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Gesetz ungeachtet der Vorgaben des Koalitionsvertrages noch immer nicht evaluiert worden ist. Eine weitere Verzögerung gesetzlicher Maßnahmen sei jedoch nicht hinnehmbar.
Mit dem Gesetzentwurf schlägt die Länderkammer deshalb eine Regelung vor, wonach Verträge, die durch ungebetene Telefonanrufe zustande kommen, nur dann gültig sind, wenn der Unternehmer sein telefonisches Angebot per Post, E-Mail oder Fax bestätigt und der Verbraucher den schriftlichen Vertrag genehmigt. Die Länder halten diese so genannte Bestätigungslösung schon seit längerem für erforderlich und hatten mehrfach Versuche zu ihrer Einführung unternommen.
Zunächst beschäftigt sich die Bundesregierung mit der Länderinitiative. Sie leitet den Gesetzentwurf dann zusammen mit ihrer Stellungnahme an den Bundestag zur Entscheidung weiter. Feste Fristen für die Beratung im Bundestag gibt es allerdings nicht.

Quelle: Bundesrat-Newsletter vom 12.05.2017

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AG Köln, Beschl. vom 07.04.2017 – 71 IK 175/15

Ablehnung der Aufnahme der Deliktseigenschaft in die Insolvenztabelle

Leitsatz des Gerichts:
Stützt ein Gläubiger seine Forderungsanmeldung auf verschiedene Anspruchsgrundlagen - hier auf eine vertragliche und auf eine deliktische-, so sind die Anmeldevoraussetzungen in Ansehung beider Anspruchsgrundlagen zu erfüllen.

Erfüllt eine Forderungsanmeldung hinsichtlich einer der reklamierten Anspruchsgrundlagen (hier: Deliktseigenschaft beruhend auf Beförderungserschleichung gemäß § 265a StGB ) nicht einmal die Mindestanforderungen, die an eine Forderungsanmeldung zu stellen sind, so ist die nicht ordnungsgemäße Anmeldung vom Insolvenzgericht insoweit zurückzuweisen. Die Forderung ist dann ohne das Deliktsattribut in die Tabelle aufzunehmen.

Aus den Gründen:
Der Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung muss in der Anmeldung so beschrieben werden, dass der aus ihm hergeleitete Anspruch in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei bestimmt ist und der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird; einer schlüssigen Darlegung des (objektiven und subjektiven) Deliktstatbestands bedarf es nicht (BGH, Urt.v. 9.1.2014 - IX ZR 103/13, ZInsO 2014, 236). Wenn ein Anspruch - wie vorliegend - auf verschiedenen Streitgegenständen beruhen kann (vertraglicher und deliktischer Anspruch), die unterschiedliche Voraussetzungen haben, genügt es für die Anmeldung des deliktischen Anspruchs nicht, nur den vertraglichen näher zu beschreiben. Vielmehr ist dann im Rahmen der Forderungsanmeldung zu verlangen, dass jedenfalls erkennbar wird, weshalb sich aus Sicht der Gläubigerin aus dem Sachverhalt ein deliktischer Anspruch überhaupt ergeben kann.

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BGH, Beschl. vom 03.05.2017, Az. XII ZB 415/16

BGH zu den Grenzen des Ausbildungsunterhalts Das antragstellende Land nimmt den Antragsgegner, dessen Tochter es Vorausleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gewährt hat, auf Ausbildungsunterhalt aus übergegangenem Recht in Anspruch. Die im November 1984 geborene nichteheliche Tochter bewarb sich nach dem Abitur 2004 im Vergabeverfahren der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um einen Medizinstudienplatz. Da ihr kein Platz zugewiesen wurde, begann sie zunächst eine Lehre als anästhesietechnische Assistentin, die sie nach drei Jahren erfolgreich abschloss. Anschließend arbeitete sie in diesem Beruf, bis ihr für das Wintersemester 2010/2011 schließlich ein Studienplatz zugewiesen wurde; seitdem studiert sie Medizin. Im September 2011 erhielt der Vater durch die Aufforderung des Studierendenwerks zur Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse Kenntnis von der Studienaufnahme seiner Tochter. Er hatte weder mit deren Mutter noch mit ihr jemals zusammengelebt und seine Tochter letztmals getroffen, als sie 16 Jahre alt war. Per Brief hatte er ihr im Jahre 2004 nach dem Abitur - dessen erfolgreiche Ablegung er annahm - mitgeteilt, er gehe vom Abschluss der Schulausbildung aus und davon, keinen weiteren Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Sollte dies anders sein, möge sich seine Tochter bei ihm melden. Nachdem eine Reaktion hierauf unterblieb, stellte er die Unterhaltszahlungen für seine Tochter ein. Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Grundsätzlich kann ein einheitlicher Ausbildungsgang auch dann gegeben sein, wenn ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg eine praktische Ausbildung absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Hierfür müssen die einzelnen Ausbildungsabschnitte jedoch in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen; die praktische Ausbildung und das Studium müssen sich jedenfalls sinnvoll ergänzen. Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch ist zudem vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden, wobei ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes unschädlich ist. Die Unterhaltspflicht richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt noch zumutbar ist. Dabei kommt es sowohl auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern an, als auch darauf ob und inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebt. Eine Unterhaltspflicht wird daher umso weniger in Betracht kommen, je älter der Auszubildende bei Abschluss seiner praktischen Berufsausbildung ist. Auch wenn der Unterhaltsanspruch keine Abstimmung des Ausbildungsplans mit dem Unterhaltspflichtigen voraussetzt, kann es der Zumutbarkeit entgegenstehen, wenn der Unterhaltspflichtige von dem Ausbildungsplan erst zu einem Zeitpunkt erfährt, zu dem er nicht mehr damit rechnen muss, zu weiteren Ausbildungskosten herangezogen zu werden. Nach diesen rechtlichen Maßgaben bestand im vorliegenden Fall kein Unterhaltsanspruch mehr. Allerdings ist das Studium nicht allein wegen der Abiturnote unangemessen. Die Inanspruchnahme des Vaters ist aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls hier unzumutbar, selbst wenn er während der Lehre seiner Tochter nicht für ihren Unterhalt aufkommen musste. Aufgrund des Alters der Tochter von fast 26 Jahren bei Studienbeginn musste der Vater typischer Weise nicht mehr ohne weiteres mit der Aufnahme eines Studiums seiner Tochter rechnen. Entsprechend hatte er im Vertrauen darauf, nicht mehr für den Unterhalt der Tochter aufkommen zu müssen, verschiedene längerfristige finanzielle Dispositionen getroffen. Dieses Vertrauen war im vorliegenden Fall auch schützenswert, weil ihn seine Tochter trotz seiner schriftlichen Nachfrage zu keinem Zeitpunkt über ihre Ausbildungspläne in Kenntnis gesetzt hatte. Quelle: Pressemitteilung Nr. 62/2017 des BGH vom 03.05.2017 -- Delivered by Feed43 service

Kindergeld soll in Zukunft nicht mehr für mehrere Jahre rückwirkend gezahlt werden können

Der Finanzausschuss des Bundestages fasste am 26.04.2017 einen entsprechenden Beschluss und fügte eine Änderung in den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BT-Drs. 18/11132) ein. Die Neuregelung sieht vor, dass Kindergeld, abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren nach § 169 AO, nur noch sechs Monate rückwirkend ausgezahlt werden kann. Hintergrund ist, dass das Kindergeld im laufenden Kalenderjahr die steuerliche Freistellung des Existenzminiums sicherstellen soll. Hierfür sei eine mehrjährige Rückwirkung nicht erforderlich, da Anträge auf Kindergeld "regelmäßig zeitnah" gestellt würden.

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