Entwicklung der sogenannten Wohnkostenlücke in Hamburg 2024

Hier der Hinweis auf die Bürgerschafts-Drucksache 22/15198 vom 14.05.24:

    Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Olga Fritzsche (DIE LINKE) vom 06.05.24 und Antwort des Senats
    Betr.: Entwicklung der sogenannten Wohnkostenlücke in Hamburg 2024

    Aus der Frage: „Insbesondere in Ballungsräumen stellen der Mangel an Wohnraum und die explodierenden Mieten ein massives Problem dar. (…) Dabei besteht seit Jahren in Hamburg bei rund 12.500 Bedarfsgemeinschaften eine sogenannte Wohnkostenlücke von rund 90 Euro monatlich, welche aufgrund der hohen Mieten von den Haushalten selbst aufgebracht werden müssen. In rund 4.000 von der Wohnkostenlücke betroffenen Haushalten leben Kinder, etwa 2.500 davon sind alleinerziehend.“

    Aus der Antwort des Hamburger Senats: „Des Weiteren lässt sich aus der Statistik nicht ableiten, dass Haushalte, bei denen nur die angemessenen Unterkunftskosten übernommen werden, nur deshalb in der kostenunangemessenen Unterkunft verbleiben, weil sie keine preisangemessene Wohnung finden. Die Gründe, preisunangemessenen Wohnraum anzumieten beziehungsweise in einem solchen zu verbleiben, können vielfältig und von gänzlich anderen Faktoren als dem Wohnungsangebot beeinflusst sein.“

    Das ist denktheoretisch nicht falsch. Dennoch vor dem Hintergrund des eklatanten Mangels an Wohnraum in Hamburg (für viele: NDR-Bericht) eine bemerkenswerte These.

    Pfändungstabelle 2024 ist nun veröffentlicht

    Letzte Woche hatten wir noch gefragt, wann denn wohl die Pfändungstabelle erscheinen wird und eine Prognose gewagt: Pfändungstabelle 2024: steigt der Pfändungsfreibetrag auf fast 1.500 Euro?

    Nun ist heute (endlich) die „Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2024“ verkündet worden und zwar im BGBl. 2024 I Nr. 160 vom 16.05.2024. Diese ist abrufbar – und seit 2023 auch direkt ausdruckbar – unter https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/160/VO.html.

    Die neuen Werte werden ab 1.7.2024 wirksam sein und basieren auf § 850c Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit der Erhöhung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

    Die Beträge wurden um über 6% angehoben und lauten dann wie folgt:

    • Der unpfändbare Betrag für einen Schuldner ohne Unterhaltspflichten steigt von aktuell 1.402,28 Euro auf 1.491,75 Euro.
    • Der Erhöhungsbetrag für die erste Unterhaltspflicht steigt von 527,76 Euro auf 560,90 Euro [1].
    • Für die zweite bis fünfte Unterhaltspflicht steigt der Erhöhungsbeitrag von 294,02 Euro auf 312,78 Euro.

    Gut nutzbar ist die tabellarische Darstellung der sog. Pfändungstabelle, die als Anhang der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung angefügt sind und nach Nr. 2 der Bekanntmachung gelten („Die ab 1. Juli 2024 geltenden Pfändungsfreibeträge ergeben sich im Übrigen aus den als Anhang abgedruckten Tabellen.“)

    Um eine kompakte Schnell-Übersicht zu gewinnen, haben wir wieder eine 1-Seiten-Ansicht in 100er-Schritten mit gerundeten Zahlen erstellt. Der Beginn sieht so aus:

    Wie ist die Tabelle zu lesen? Die roten Zahlen zeigen den pfändbaren Betrag, also den Anteil, den der Gläubiger erhält. Die grün hinterlegten Zahlen zeigen, was dem Schuldner übrig bleibt.

    Ein Beispiel: Ein Schuldner ohne Unterhaltspflichten verdient netto 2.100 €. Dann sind 426 € pfändbar, d.h. ihm verbleiben 1.674 €. Bekommt er ein Kind (= dann 1 Unterhaltspflicht), sind 24 € pfändbar und ihm verbleiben 2.076 €.

    LG Bamberg: Vorgehen bei Preiserhöhung in McFIT-Studios unzulässig

    Wer das Drehkreuz am Eingang passierte, stimmte automatisch einer Preiserhöhung zu: Diese Geschäftspraxis hat das Landgericht (LG) Bamberg der RSG Group GmbH untersagt, die Fitnessstudios der Marke McFIT betreibt. Das LG sieht darin eine aggressive geschäftliche Handlung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen das Vorgehen des Unternehmens geklagt.

    LG Bamberg, 15.03.2024, 13 O 730/22 – nicht rechtskräftig. Mehr unter: www.vzbv.de/urteile/urteil-vorgehen-bei-preiserhoehung-mcfit-studios-unzulaessig

    Dort wird auch auf eine vergleichbare Entscheidung  bei einer Preiserhöhung durch das Fitnessstudio-Unternehmen clever fit gerichtlich stoppen. Auch hier sollten Mitglieder automatisch neuen Preisen zustimmen, indem sie das Drehkreuz am Studioeingang passierten. Das Urteil des Landgerichts Augsburg ist ebenfalls noch nicht rechtskräftig (Aktenzeichen 081 O 1161/23).

    Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Zwangsvollstreckung

    Die Bundesregierung hat den „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung“ (20/11310) eingebracht. Ziel ist es danach, die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form bei den Vollstreckungsorganen zu reduzieren.

    Durch Änderungen in der Zivilprozessordnung (Paragrafen 754a und 829a) soll es umfangreicher als bisher erlaubt werden, anstatt der vollstreckbaren Ausfertigung und anderer Schriftstücke in Papierform elektronische Kopien davon an das Vollstreckungsorgan zu übermitteln. Weitere Neuregelungen beziehen sich etwa auf den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Gerichtsvollzieher.

    In seiner Stellungnahme zu dem nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf schlägt der Bundesrat vor, eine im Gerichtskostengesetz enthaltene Regelung zu Vorauszahlungspflicht der Gerichtsgebühren in Zwangsvollstreckungsverfahren zu streichen. Dadurch solle die Digitalisierung der Zwangsvollstreckung gefördert werden. Die Bundesregierung zeigt sich in ihrer Gegenäußerung grundsätzlich offen für den Vorschlag, will die Streichung aber zunächst zurückstellen.

    Quelle: Bundestagsmeldung

    ZSB Stuttgart – Erfahrungsaustausch mit dem Insolvenzgericht

    Die ZSB Stuttgart trifft sich regelmäßig mit dem Insolvenzgericht zu einem Erfahrungsaustausch. Hierbei werden gegenseitig offene Fragen der Zusammenarbeit erörtert, die auch fachlicher Natur sind. Einige Inhalte sind für alle Beratungskräfte interessant, die auch Insolvenzberatung anbieten. Unter https://infodienst-schuldnerberatung.de/sonstiges/zsb-stuttgart-erfahrungsaustausch-insolvenz ist ein Auszug aus den zuletzt erörterten Themen (April 2024) nachzulesen.

    Pfändungstabelle 2024: steigt der Pfändungsfreibetrag auf fast 1.500 Euro?

    So langsam wird es Zeit. Wann kommt die neue Pfändungstabelle? Immerhin soll diese sich jährlich zum 1.7. ändern – vgl. § 850c Abs. 4 ZPO. Satz 2 dieses Absatzes lautet zur Berechnung:

    „Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.“

    Der Grundfreibetrag ist um über 6% von 10.908 Euro auf 11.604 Euro gestiegen. Demnach müssten die neuen Pfändungsfreigrenzen wie folgt lauten:

    Vor dem Hintergrund der Rundungsregel des § 805c Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ZPO würde dann ein Einkommen bis zu 1.499,99 Euro pfändungsfrei sein.

    Zur aktuell gültigen Tabelle siehe hier www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/2023/pfaendungstabelle-2023-erschienen

    BGH zu den Voraussetzungen eines RSB-Versagungsantrages und der Erwerbsobliegenheit

    Der BGH hat am 7. März 2024 – IX ZB 47/22 – einen lesenswerten Beschluss gefasst. Die Leitsätze lauten zum Versagungsantragsverfahren (§ 5 Abs. 1, § 290 Abs. 2 Satz 1 InsO):

    a) Die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts zu den Voraussetzungen eines Versagungstatbestandes greift erst ein, wenn der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zulässig ist.

    b) Ein Versagungsantrag ist nur zulässig, wenn das Vorliegen eines Versagungsgrunds schlüssig dargelegt und erforderlichenfalls glaubhaft gemacht ist. Dabei ist ausschließlich der bis zum Schlusstermin gehaltene und glaubhaft gemachte Vortrag des Antragstellers zu berücksichtigen.

    Im Fall ging es darum, ob die Erwerbsobliegenheit verletzt wurde. Dazu – also zu § 287b, § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO – gibt es folgenden Leitsatz:

    Beträgt der Unterschied zwischen dem tatsächlich erzielten Einkommen und dem bei einem anderen Arbeitgeber erzielbaren Einkommen rund 3 % des Bruttoeinkommens und liegt der pfändbare Anteil aus dem Unterschiedsbetrag deutlich unter 100 €, führt allein dieser Gehaltsunterschied bei einem zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über 63 Jahre alten, in Vollzeit tätigen Schuldner nicht dazu, dass die vom Schuldner bereits ausgeübte Tätigkeit nicht mehr als angemessene Erwerbstätigkeit anzusehen ist.

    Das Insolvenzgericht hat die Restschuldbefreiung versagt. Die hiergegen
    erhobene sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Der BGH hat mit seinem Beschluss die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts aufgehoben und festgestellt, dass der Antrag des Gläubigers auf Versagung der Restschuldbefreiung unzulässig war.

    AG SBV-Stellungnahme zur Evaluation des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

    Art. 107a Abs. 1 EGInsO bestimmt, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2024 berichtet, wie sich die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgewirkt hat. Der Bericht soll auch auf etwaige Hindernisse eingehen, die von den bestehenden Möglichkeiten der Speicherung insolvenzbezogener Informationen durch Auskunfteien für einen wirtschaftlichen Neustart nach Erteilung der Restschuldbefreiung ausgehen.

    Im Rahmen dessen hat die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) eine sehr lesenswerte Stellungnahme abgegeben, die sich hier findet: www.agsbv.de/2024/05/stellungnahme-zur-evaluation-verkuerzung-des-insolvenzverfahren-und-positionierung-zur-verstrickung-im-insolvenzverfahren-der-ag-sbv/

    Daraus:

    • Aus Sicht der AG SBV ist die Regelung bzgl. der dreijährigen Abtretungsfrist zu begrüßen und sollte beibehalten werden.
    • Die AG SBV sieht keine Erledigung der Probleme für Verbraucher*innen durch die Speicherung insolvenzbezogener und anderer vergleichbarer Daten durch das Urteil des EuGH. Es besteht weiterhin Handlungsbedarf und damit verbunden die Erwartung an den Gesetzgeber eine Regelung zu finden, die die sachdienlichen Hinweise des EuGH aufnehmend, die sensiblen Daten (…) schützt, (…)

    Als „weitere Änderungsbedarfe“ wurden angemeldet: Verstrickungsproblematik; sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn kein Gläubiger eine Forderung anmeldet; Ausschlussfrist zur Forderungsanmeldung von 3 Monaten; Einführung einer Frist für Feststellungsklagen der Gläubiger sowie zur Sperrfrist und Dauer eines erneuten Insolvenzverfahrens.

    Zur Verstrickung gibt es ein gesondertes Papier der AB SBV: www.agsbv.de/(…)/2024-04-30_AG-SBV_Positionspapier_Verstrickung-Insolvenzverfahren.pdf

    „Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit“ liegt vor: Sofortiges Handeln ist gefordert!

    PM der BAG Wohnungslosenhilfe e.V.: „Mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit liegt erstmals auf Bundesebene ein Leitbild vor, um die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis zum Jahr 2030 zu überwinden. Das begrüßen die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) und der Deutsche Städtetag.

    Ein Leitbild alleine wird allerdings nicht genügen, um das ambitionierte Ziel Realität werden zu lassen. Es braucht auch politische Handlungsspielräume und finanzielle Ressourcen sowie eine Ausweitung des Mieter:innenschutzes. Denn aktuell sind laut der neuesten Hochrechnung der BAG W über 600.000 Menschen in Deutschland wohnungslos, etwa 50.000 von ihnen leben ohne Unterkunft auf der Straße. Und dass, obwohl es eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten von Städten, Gemeinden und Verbänden gibt sowie zahlreiche ehrenamtliche Helfer:innen.

    Die Zahlen verdeutlichen, dass es große gemeinsame Kraftanstrengungen braucht, wenn man die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 beenden möchte. Aus den Leitlinien des Nationalen Aktionsplanes müssen deshalb schnell konkrete und zielgerichtete Maßnahmen werden. Notwendig ist eine ressortübergreifende und über alle staatlichen Ebenen hinweg abgestimmte Vorgehensweise und neue gesetzliche Regelungen genauso wie konkrete Förderinstrumente. Es geht darum, wohnungslose Menschen mit Wohnraum zu versorgen und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen effektiv vor dem Verlust ihrer Wohnung zu schützen.“

    Hintergrund:

     Zur statistischen Überschuldungsursache „unwirtschaftliche Haushaltsführung“

    Daniela Hihn befasst sich in einem aktuellem und lesenswerten Beitrag im infodienst-schuldnerberatung.de mit dem Thema „Die unwirtschaftliche Haushaltsführung unter dem Aspekt der sozialen Teilhabe“.

    Sie nimmt dabei Bezug auf die Empfehlungen der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAG Ö/F in Bayern) vom letzten Jahr, siehe unsere Meldung LAG Ö/F zur „unwirtschaftlichen Haushaltsführung“ in der Überschuldungsstatistik des Bundes.

    Es wird noch einmal darauf hingewiesen, dass man in Cawin zwar unter anderem als Überschuldungsursachen zwischen

    • Konsumverhalten
    • fehlender finanzieller Allgemeinbildung
    • unwirtschaftlicher Haushaltsführung

    wählen kann, aber in der Bundesstatistik Destatis alle drei Ursachen unter dem Oberbegriff unwirtschaftliche Haushaltsführung zusammenfließen.

    Daher noch einmal die Bitte, „in jedem Fall mit Vorsicht zu prüfen, ob einer der drei vorgenannten Gründe tatsächlich der Hauptauslöser der Überschuldung ist.“