iff zum Zugang zu Basiskonten in Deutschland – Projektbericht „Breaking down barriers to basic payment accounts“ veröffentlicht

In Kooperation mit Finance Watch Europe untersuchte das institut für finanzdienstleistungen (iff) im Rahmen einer EU-Studie den Markt für Basiskonten in Deutschland.  Nun wurde der finale Bericht veröffentlicht, der die Ergebnisse aus Deutschland, Spanien und Rumänien enthält. (…)

Es ließen sich Hindernisse in drei Schlüsselbereichen feststellen: Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Preis.

Es lohnt sich sehr, die Meldung des iff sowie den deutschsprachigen Extrakt zu lesen, wenn man sich nicht an den 29-seitigen Bericht auf Englisch traut.

Broschüre: „Familienleistungen für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und ihre Angehörigen“

Hier der Hinweis auf die Broschüre: „Familienleistungen für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und ihre Angehörigen„.

Aus dem Vorwort: „Auch Unionsbürgerinnen und -bürger mit ihren Familien brauchen die Stabilität, die mit finanziellen Unterstützungsleistungen einhergeht. Dank des unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots haben sie ein Recht darauf, diese Leistungen in Anspruch zu nehmen. (…) Wir möchten Beraterinnen und Berater dabei unterstützen, Unionsbürgerinnen und -bürgern gezielt dabei zu helfen, ihre Ansprüche auf Familienleistungen zu kennen und ihre Rechte wahrzunehmen.

Dazu haben die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) e.V. und die Gleichbehandlungsstelle EU-Arbeitnehmer (EU-GS) im Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration diese Broschüre in Auftrag gegeben.

Sie greift wichtige Themen im Bereich der Familienleistungen detailliert auf, wie etwa das Kindergeld oder den Unterhaltsvorschuss. Sie gibt aber auch einen Überblick über Familienleistungen insgesamt. Die Inhalte berücksichtigen dabei die spezielle Situation mobiler Unionsbürgerinnen und -bürger und geben Beraterinnen und Beratern Praxistipps sowie weiterführende Hinweise.“

Irene Becker zum Bürgergeld: „Erhöhungen gleichen Kaufkraftverluste in früheren Jahren nicht aus“

„Bürgergeld: Erhöhungen gleichen Kaufkraftverluste in früheren Jahren nicht aus“. Unter diesem Titel, der zugleich die zentrale Aussage der Kurzexpertise darstellt, präsentiert Dr. Irene Becker Berechnungen, die den Kaufkraftverlust für Leistungsberechtigte in der Grundsicherung seit Anfang 2021 beziffern.

Die zentralen Ergebnisse der Expertise:

  1. In den drei Jahren 2021 bis Ende 2023 haben die Leistungsbeziehenden in der Grundsicherung / Bürgergeld massive Kaufkraftverluste erlitten. (…)
  2. Der Anstieg der Regelleistung für eine Erwachsene („Regelbedarfsstufe 1“) zum 1.1.2024 von 502 auf 563 Euro ist – entgegen der Darstellung einiger politischer Akteure – keine exorbitante Steigerung, sondern lediglich eine teilweise Kompensation der bisherigen Kaufkraftverluste und reicht nicht einmal aus, um etwa aufgelaufene Schulden zu begleichen. (…)
  3. Mit der bestehenden Anpassungsformel im Gesetz droht zum Jahreswechsel 2025 eine Nullrunde bei der nächsten Anpassung und damit ein neuerlicher Kaufkraftverlust.

Anlässlich der Expertise betont der Paritätische Gesamtverband zwei Forderungen:

  1. Der Regelbedarf muss endlich auf ein armutsfestes Niveau angehoben werden. Nach den jüngsten Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle wäre hierfür ein Regelbedarf von 813 Euro (2024) sachgerecht.
  2. Die Regelbedarfsanpassung in den Jahren zwischen der Neuermittlung der Regelbedarfe muss kurzfristig reformiert werden, damit eine neuerliche Entwertung der Leistungen vermieden werden kann. Dazu muss insbesondere die Anpassung zeitnäher organisiert und im Ergebnis ein Kaufkraftverlust vermieden werden.“

Quelle und mehr: https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/kaufkraftverlust-der-grundsicherungsleistungen-expertise-dr-becker/

Anne Brorhilker wird Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende

„Anne Brorhilker, die erfolgreichste CumEx-Ermittlerin in Deutschland, wird Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende. Unter ihrer Führung als Oberstaatsanwältin hat die Staatsanwaltschaft Köln zahlreiche rechtskräftige Urteile gegen CumEx-Täter*innen erstritten und dabei viele Millionen Euro für Steuerzahler*innen in Deutschland zurückgeholt.

Ihren erfolgreichen Kampf gegen Steuer- und Finanzkriminalität wird Anne Brorhilker neu ausrichten: nicht mehr als Staatsanwältin und mit Ermittlungen gegen einzelne Täter, sondern als politische Auseinandersetzung für Gerechtigkeit und Rechtsstaat.

Sie wird Mitglied der künftig vierköpfigen Finanzwende-Geschäftsführung um Gründer Gerhard Schick und übernimmt die Leitung des Bereichs Finanzkriminalität. Ihre neue Stelle bei Finanzwende wird Anne Brorhilker antreten, sobald sie aus dem öffentlichen Dienstes des Landes NRW entlassen ist.“

Quelle und mehr: www.finanzwende.de. Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Brorhilker

Aktionswoche Schuldnerberatung 2024: „Buy now – Inkasso später“

Die Aktionswoche Schuldnerberatung der AG SBV findest dieses Jahr vom 10. -14.06.2024 statt. Sie steht unter dem Motto „Buy now – Inkasso später“.

Aus dem Forderungspapier: „Die Wege, wie sich Menschen verschulden, haben sich verändert. War früher der Besuch eines Kaufhauses ein geplantes Einkaufs-Event, wird nun vom Sofa aus bequem mit dem Tablet oder Handy geshoppt. Das Kaufen im Internet über die gängigen Bezahlungsdienstleister ist für Viele zur Normalität geworden und wird von den Anbietern aggressiv als Lifestyle-Produkt vermarktet. (…)

In den Beratungsstellen tauchen so Ratsuchende mit unzähligen Ratenzahlungen und Forderungen der Dienstleister auf, der Überblick ist verloren gegangen, die Bank bucht nicht mehr ab. Informationen über Forderungen sind schwer zu bekommen, die Kommunikation funktioniert oft nur über eine App. Gibt der Zahldienstleister seine Forderung zum Forderungseinzug an ein Inkassounternehmen ab, ist dies mit zusätzlichen hohen Kosten verbunden. (…)

Die AG SBV fordert daher:

  • Transparenz bei „Buy Now, Pay Later“ Angeboten (…)
  • Finanzielle Allgemeinbildung von klein auf (…)
  • Gesetzlicher Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung (…)
  • Zukunftsweisender Ausbau von sozialer Schuldnerberatung (…)“

Antrag LINKE in Hamburg: „Dauerhafte und angemessene Finanzierung der Schuldnerberatung und -prävention sicherstellen“

Die LINKE hat in die Hamburgische Bürgerschaft den Antrag „Dauerhafte und angemessene Finanzierung der Schuldnerberatung und -prävention sicherstellen“ eingebracht. Siehe Drucksache 22/14804.

Gestern wurde der Antrag laut vorläufigem Beschlussprotokoll auf Antrag der SPD, GRÜNEN und LINKEN an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überwiesen (TOP 62).

Aus dem Antrag: „… Die Finanzierungsstruktur der Schuldner- und Insolvenzberatung ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich ausgestaltet und unterscheidet sich in Art der Förderung (Pauschalfinanzierung, Einzelfallabrechnung oder Mischformen) und Umfang. … [In Hamburg ] erfolgt die Vergütung einzelfallbezogen über Fallpauschalen. Neben einer Grund- und Abschlusspauschale, gibt es eine Pauschale für die offene und die nachgehende Beratung. Diese Art der Finanzierung hat sich bisher nicht als sonderlich flexibel in Hinblick auf kurzfristige Anpassungen beispielsweise zur Aufstockung der Beratungskapazitäten bei gestiegenen Bedarfen erwiesen. Denn aufgrund der nachgelagerten Einzelfallabrechnung müssten die Beratungsstellen hierfür in finanzielle Vorleistung gehen, die dafür notwendigen Mittel haben sie aber gar nicht. …

Bereits 2019 hat Bayern die bisherige Förderung über Fallpauschalen aufgegeben und eine institutionalisierte Förderung eingeführt, also von Fallpauschalen hin zu Stellenpauschalen. Dabei ist die personelle Mindestausstattung der Beratungsstellen mit entsprechenden Vorgaben zur inhaltlichen Ausgestaltung der Stellen für die Finanzierung natürlich unabdingbar. …

Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,

  1. umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine dauerhafte und angemessene Finanzierung der Schuldnerberatung und -prävention in Hamburg absichert, indem die institutionalisierte Förderung (Stellenpauschalen) der anerkannten Schuldnerberatungsstellen mit der Neuausschreibung eingeführt wird,…“

OLG Karlsruhe zur Unterhaltsforderung als ausgenommener Forderung (§ 302 InsO)

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 04.01.2023 – 18 WF 181/22 sollte Schuldnerberater:innen bekannt sein. Das Gericht hat sich zur Frage, wie festgestellt wird, dass eine Unterhaltsforderung von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist (§ 302 InsO), wie folgt geäußert (Rn 31ff.):

„(…) Da der Unterhaltsanspruch rechtskräftig tituliert wurde, ist allein die Frage zu klären, ob der Antragsteller vorsätzlich pflichtwidrig den von ihm geschuldeten Unterhalt nicht gewährt hat. Denn anders als bis zum Inkrafttreten der Neufassung des § 302 InsO am 01.07.2014 ist Gegenstand des Insolvenzverfahrens und des vorliegenden Rechtsstreits nicht ein Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB, sondern die titulierte Unterhaltsforderung selbst und deren vorsätzlich pflichtwidrige Nichterfüllung.

Ergibt die insoweit notwendige Prüfung, dass der Antragsteller unverschuldet tatsächlich nicht in der Lage war, die verfahrensgegenständliche Forderung zu erfüllen, kann die unterbliebene Unterhaltszahlung nicht als vorsätzlich pflichtwidrig im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO bewertet werden (MüKo/Stephan, InsO, 4. Auflage 2020, § 302 Rn. 28).

Weiterhin gut ein Fünftel der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht

Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes von heute: „In Deutschland waren im Jahr 2023 gut 17,7 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das waren 21,2 % der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand von Erstergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) mitteilt. Gegenüber dem Vorjahr blieben die Werte nahezu unverändert. So waren im Jahr 2022 rund 17,5 Millionen Menschen oder 21,1 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. 

Eine Person gilt in der Europäischen Union (EU) als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung. Für jede dieser Lebenssituationen kann jeweils der Anteil der Betroffenen an der Bevölkerung ermittelt werden. 

Im Jahr 2023 war etwa jede siebte Person (14,3 % der Bevölkerung oder knapp 12,0 Millionen Menschen) in Deutschland armutsgefährdet. Im Jahr 2022 hatte die Armutsgefährdungsquote 14,8 % betragen. Nach EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 % des mittleren Äquivalenzeinkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2023 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland netto (nach Steuern und Sozialabgaben) bei 1 310 Euro im Monat (Äquivalenzeinkommen), für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag er bei 2 751 Euro im Monat. Um das Einkommen vollständig zu erfassen, wird das Jahreseinkommen erfragt. Dadurch beziehen sich die Fragen zum Einkommen auf das Vorjahr der Erhebung, in diesem Fall also auf das Jahr 2022. 

100%-Bürgergeld-Regelsatz-Sanktion tritt morgen in Kraft

Heute ist das „Zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024“ im Bundesgesetzblatt verkündet worden, BGBl. 2024 I Nr. 107 vom 27.03.2024.

Zu diesem Gesetz hatten wir am 1.2.2024 unter Bundestag entscheidet morgen über 100%-Bürgergeld-Regelsatz-Sanktion schon berichtet. Der Artikel 5 des Gesetzes befasst sich mit Änderungen des SGB II und wird morgen in Kraft treten.

Der Bürgergeldbonus (§ 16j) wird aufgehoben und vor allem dem § 31a SGB II folgender Absatz 7 angefügt:

„(7) Abweichend von Absatz 4 Satz 1 entfällt der Leistungsanspruch in Höhe des Regelbedarfes, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Bürgergeld wegen einer Pflichtverletzung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 2 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 4 innerhalb des letzten Jahres gemindert war, eine zumutbare Arbeit nicht aufnehmen. Die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme muss tatsächlich und unmittelbar bestehen und willentlich verweigert werden. Absatz 1 Satz 6, die Absätze 2 und 3 sowie § 31 Absatz 1 Satz 2 finden Anwendung.“

Die Regelung ist verfassungsrechtlich hoch fragwürdig; siehe Tacheles und die Neue Richtervereinigung. Siehe auch die taz: Faktisch ein Arbeitszwang

Die Regelung ist auf zwei Jahre befristet; vgl. § 86 SGB II-neu („§ 31a Absatz 7 und § 31b Absatz 3 werden mit Ablauf des 27. März 2026 aufgehoben“)