iff zur Bezahlkarte für Geflüchtete: ein Lehrstück, wie man finanzielle Inklusion verhindert

Das institut für finanzdienstleistungen (iff) schreibt: „(…) Die mit der Einführung der Bezahlkarte einhergehende Diskussion um Nutzungsbeschränkungen oder Sachzahlungen ist aber gefährlich. Geflüchtete, die vor Krieg und Armut fliehen, werden ihre Entscheidung zur Flucht sicherlich nicht davon abhängig machen, ob in einem Land die Auszahlung von staatlichen Leistungen in bar oder via Bezahlkarte erfolgt.

Was man aber wiederum mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Verbreitung solcher unbelegten Hypothesen zum Erstarken rechtspopulistischer Narrative über Geflüchtete beiträgt, die besagen, dass diese nur aus finanziellen Gründen nach Deutschland kommen würden.

Es ist zentral, dass die Bezahlkarte so ausgestaltet ist, dass sie einsetzbar ist wie alle anderen Debit- bzw.EC-Karten auch und zwar in allen Geschäften, für jede Dienstleistung und auch eine freie Verfügung über Bargeld ermöglicht. Der Zugang zu Finanzdienstleistungen ist zweifellos eine Frage der Gerechtigkeit, da …“ -> weiterlesen auf der Webseite des iff

Zur ganzen Stellungnahme als pdf-Datei

Siehe auch PRO ASYL: www.proasyl.de/news/bezahlkarte-ohne-standards-laender-vereinbaren-diskriminierungskonzept/

SCHUFA weist Vorwürfe von NOYB zurück

Der Datenschutzverein NOYB behauptet: „SCHUFA verdient Millionen durch rechtswidrige Kundenmanipulation“. Der Verein habe daher am 16.2.2024 eine Beschwerde und Anzeige bei der hessischen Datenschutzbehörde eingereicht.

Er begründet dies unter anderem wie folgt: „Mithilfe manipulativer Designs werden Menschen an der Bestellung einer kostenlosen Auskunft nach Artikel 15 DSGVO gehindert – obwohl sie eigentlich einen gesetzlichen Anspruch auf eine Gratiskopie hätten.“

Quelle und Details auf der Webseite von NOYB.

Die SCHUFA wehrt sich auf dem „Themenportal: Zurückweisung NOYB Vorwürfe“ dagegen. Sie schreibt „Wir stellen in der Datenkopie die gemäß Art. 15 DSGVO gesetzlich geforderten Informationen zur Verfügung und gehen sogar darüber hinaus. Über den gesetzlichen Anspruch hinaus weisen wir den SCHUFA-Basisscore als zentralen Orientierungswert zur eigenen Bonität und die in den letzten 12 Monaten an anfragende Unternehmen übermittelten Scorewerte aus und erläutern diese.“

Weiter unter führt sie aus: „Die Datenschutzkonferenz (DSK) stellt klar, dass Vermieter keine Datenkopie nach Art. 15 DSGVO anfordern dürfen (siehe hier). Für den Mietmarkt empfehlen wir unser kostenpflichtiges Produkt SCHUFA-BonitätsCheck,“

Reschke Fernsehen zur Macht der Schufa: „Wer stoppt die Datensammler?“

Hier der Hinweis auf die sehenswerte Sendung von „Reschke Fernsehen“ vom 15.02.2024 zur Schufa. Diese ist in der ARD-Mediathek zu finden.

Der Teaser-Text der ARD: „Die Schufa ist ziemlich mächtig, bleibt aber gerne diskret im Hintergrund. Jetzt will die Bundesregierung die Macht der Wirtschaftsauskunfteien beschränken. Aber was ist eigentlich genau das Problem? Anja Reschke bringt Licht ins Dunkel und zeigt, was die deutschen Datensammler alles über uns wissen, welchen Einfluss sie haben und was wir dagegen tun können.“

Zum angesprochenen Plan der Bundesregierung siehe unsere Meldung vom 16.02.2024 Bundesregierung will „Transparenz und Verbraucherschutz beim Scoring stärken“

Bündnis ‚AufRecht bestehen‘ – Arbeitshilfe zu Kostensenkungsaufforderungen

Kostensenkungsaufforderungen – Was tun? Das Bündnis ‚AufRecht bestehen‘ hat eine Arbeitshilfe für Beziehende von Bürgergeld (SGB II) sowie Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung der Sozialhilfe (SGB XII) sowie Beratende im Bereich der Existenzsicherung entwickelt:

Arbeitshilfe_Kostensenkungsaufforderungen-was-tun.pdf

Bundesregierung will „Transparenz und Verbraucherschutz beim Scoring stärken“

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes beschlossen – nachlesbar als Bundesrat-Drs. 72/24. Aus der Einleitung:

„Der Koalitionsvertrag (Zeilen 5763 f.) sieht darüber hinaus vor: „Wir werden umgehend prüfen, wie die Transparenz beim Kredit-Scoring zugunsten der Betroffenen erhöht werden kann. Handlungsempfehlungen werden wir zeitnah umsetzen.“ Dies und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7.12.2023 – C-634/21 „SCHUFA Holding (Scoring)“ aufgreifend, wird § 31 durch einen neuen § 37a ersetzt (…)

In § 34 ist klarzustellen, dass das Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 nicht aufgrund privater, sondern nur aufgrund öffentlich-rechtlicher Satzungen eingeschränkt werden kann (…)“

Siehe auch die Darstellung des BMUV.

Umrechnungsmaßstab einer Geld- in eine Ersatzfreiheitsstrafe halbiert

Seit dem 1.2.2024 gilt die neue Fassung des § 43 Satz StGB: „An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Ersatzfreiheitsstrafe. Zwei Tagessätzen entspricht ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe. …“

Damit wurde der Umrechnungsmaßstab halbiert. Mehr in der Dokumentation des Bundestages zum „Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts“. Siehe auch die Synopse bei buzer.de.

An sich sollte die Regelung zum 1.10.2023 in Kraft treten, was dann allerdings auf den 1.2.2024 verschoben wurde (vgl. Art. 3 Nr. 2 des Änderungsgesetzes, BGBl. 2023 Nr. 218). Die Verschiebung erfolgte auf Bitten einiger Bundesländer, die sich nicht zu einer zeitnahen Umsetzung in der Lage sahen (vgl. taz.de: Deutschlands digitale Inkompetenz und BT-Drucksache 20/9019).

Wichtig zu wissen ist die Übergangsregelung des Art. 316o Abs. 2 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB): „Für die Vollstreckung von vor dem 1. Februar 2024 rechtskräftig verhängten Geldstrafen gelten § 43 des Strafgesetzbuches und § 11 des Wehrstrafgesetzes jeweils in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung. Artikel 313 Absatz 2 gilt entsprechend.“ Der neue Umrechnungsmaßstab hängt also vom Tag der Verurteilung ab!

Die Ersatzfreiheitsstrafe kann durch Ableisten gemeinnütziger Arbeit abgewendet werden; vgl. Artikel 293 EGStGB. Die Details sind in Hamburg in der Tilgungsverordnung geregelt. Siehe auch das Merkblatt der Staatsanwaltschaft Hamburg mit Download in zahlreichen Sprachen unter https://justiz.hamburg.de

Schließlich der Hinweis auf den sog. Freiheitsfonds: https://www.freiheitsfonds.de/

Thesenpapier des iff: Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Soziale Schuldnerberatung?

Das institut für finanzdienstleistungen hat das Projekt “Zur Bedeutung von Nachhaltigkeit in und für die Soziale Schuldnerberatung” abgeschlossen und ein Thesenpapier veröffentlicht. Das Projekt lief vom 1. Februar 2023 bis zum 30. November 2023 und erfolgte in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kerstin Herzog (Hochschule RheinMain) und Dr. Katharina Angermeier (HAW Hamburg), seitens des iff waren Dr. Hanne Roggemann und Dr. Sally Peters beteiligt.

Ziel des Forschungsprojekts war es, auf der Basis von Expert:inneninterviews wissenschaftliche Erkenntnisse zum aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsdiskussion innerhalb der Sozialen Schuldnerberatung zusammenzutragen und Weiterentwicklungsbedarfe zu identifizieren.

Die Projektergebnisse sind explizit als Diskussionseinladung ausgestaltet. 

Quelle und mehr und direkt zum Thesenpapier

Verbraucherzentrale warnt: “Vorsicht vor Schreiben des Rechtsanwalts Ralf Heyl”

In einer Meldung vom 6.2.2024 unter www.verbraucherzentrale.de wird berichtet, dass Rechtsanwalt Ralf Heyl aus Hürth bei Köln Forderungsschreiben an Verbraucher:innen versendet habe, die Kund:innen bei der Postbank waren. Gerichtsurteile (OLG Braunschweig und OLG Frankfurt) hätten nun gezeigt, dass Forderungen verjährt, verwirkt oder sogar zweifelhaft sein können.

In Fällen unberechtigter bzw. zweifelhafter Altforderungen würden kurzfristige Zahlungen von Betroffenen aufgrund von Restschulden aus Krediten oder Kontoüberziehungen verlangt werden. Gleichzeitig würde eine kostenpflichtige Ratenzahlung angeboten werden, ohne die genauen Kosten transparent zu machen.

In aktuellen Beschwerden – die die Verbraucherzentrale bis Januar 2024 erreicht habe – würde darauf hingewiesen werden, dass der betreffende Anwalt Forderungen von vor sechs Jahren geltend macht. Es wird angenommen, dass der Anwalt der Postbank 770.000 Altforderungen abgekauft habe. Inzwischen würde keine Zusammenarbeit zwischen dem Anwalt und der Postbank mehr bestehen.

Rechtsanwalt Ralf Heyl habe dennoch versucht, die Forderungen zu Geld zu machen, indem er Forderungsbriefe verschickt und Verbaucher:innen gerichtliche Schritte angedroht habe. In einigen Fällen mussten Betroffene tatsächlich vor Gericht, da der Rechtsanwalt Heyl Klage erhob. Doch in den der Verbraucherzentrale bekannten Fällen seien die Klagen abgewiesen worden.

In der Meldung wird geraten, sich nicht unter Druck setzen zu lassen und die Forderungen nicht ohne weiteres zu begleichen. Betroffene könnten die interaktive Briefvorlage nutzen, um dem Rechtsanwalt zu antworten und die vermeintlich unberechtigte Forderung abzulehnen.

Diakonie Schleswig-Holstein: Schuldnerberatung am Limit – Angebote in Gefahr

“Die Diakonie Schleswig-Holstein fordert vom Land mehr Geld für die Schuldnerberatungsstellen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Beratungsstellen ihre Angebote und Öffnungszeiten einschränken oder sogar komplett schließen müssten. Hintergrund ist die durch die Inflation bedingte hohe Zahl von Ratsuchenden bei zugleich steigenden Betriebs- und Personalkosten.

„Die Schuldnerberatungsstellen in Schleswig-Holstein arbeiten am Limit“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Dabei leisten die Beraterinnen und Berater einen anerkannt wesentlichen Beitrag, um Menschen einen Weg aus Überschuldung zu ebnen oder eine Überschuldung überhaupt zu vermeiden. Insofern wäre es vor allem für die Betroffenen, ihre Familien und Angehörigen ein fatales Signal, wenn Beratungsangebote eingeschränkt oder gestrichen werden müssten.“

Als Folge der Coronakrise und den stark gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten hat sich in Schleswig-Holstein die Zahl der Menschen, die eine Schuldnerberatung in Anspruch nehmen wollen, deutlich erhöht. Gleichzeitig berichten die Beratungsstellen, dass die einzelnen Fälle immer komplexer werden, so dass der Beratungsbedarf insgesamt beträchtlich gestiegen ist. Deshalb müssten die Einrichtungen eigentlich ihr Personal aufstocken.  

Das Gegenteil ist der Fall:

Bundestag entscheidet morgen über 100%-Bürgergeld-Regelsatz-Sanktion

Morgen stimmt der Bundestag auch über den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für ein zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 (20/9999) ab. – Quelle und mehr

In diesem Gesetz versteckt ist die neue Regelung, welche die totale Streichung des Regelsatzes im SGB II vorsieht, “wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Bürgergeld wegen einer Pflichtverletzung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 2 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 4 innerhalb des letzten Jahres gemindert war, eine zumutbare Arbeit nicht aufnehmen.” (Artikel 5 des Gesetzes)

Die Neue Richtervereinigung macht diesbezüglich auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die beabsichtigte Einführung einer den gesamten Regelbedarf umfassenden Leistungsminderung (vormals: Sanktion) und die drohende Zweckverfehlung des Vorschlages aufmerksam. Sie sieht eine Gefahr, “denn auflaufende Stromschulden und Zahlungsprobleme bei Ausgaben für Kommunikation, Verkehr und Gesundheitskosten (Zuzahlungen und verschreibungsfreie Medikamente) werden regelmäßig entstehen und nach dem Vorschlag nicht durch Sachleistungen aufgefangen. Sie belasten die Betroffenen nicht nur in besonderer Weise, sondern behindern sie in der Wahrnehmung von Aktivitäten zur Arbeitsaufnahme.”

Die Richtervereinigung weist darauf hin, dass das BVerfG betont hat, dass auch Personen, denen “unwürdiges” Verhalten oder sogar schwerste Verfehlungen vorzuwerfen sind, den Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht verlieren (Urteil vom 05.11.2019, 1 BvL 7/16, Rn 120). Vor diesem Hintergrund bedürfen – so die Vereinigung weiter – “die gesetzgeberischen Entscheidungen einer besonders sorgfältigen Abwägung, die nicht in einem gesetzgeberischen Schnellverfahren mit fehlerhafter Zweckausrichtung, nämlich zur Realisierung fiskalischer Interessen statt der Ausrichtung auf die teilhabeorientierte Mitwirkung, getroffen werden sollten.”