Sozialhilfeausgaben im Jahr 2022

Aus der PM Nr. 321 des Statistischen Bundesamtes:

“Für alle anderen Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII waren im Jahr 2022 steigende Ausgaben zu verzeichnen.

Der größte Anteil an den Ausgaben für Sozialhilfeleistungen ging mit 59 % auf die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zurück: Auf diese Leistung, die vollständig aus Erstattungsmitteln des Bundes an die Länder finanziert wird, entfielen nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 8,8 Milliarden Euro. Sie stiegen gegenüber dem Vorjahr ebenso wie die Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt um 8,3 %.

Für die Hilfe zum Lebensunterhalt wurden insgesamt knapp 1,3 Milliarden Euro ausgegeben. In die Hilfen zur Gesundheit, die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sowie die Hilfe in anderen Lebenslagen flossen zusammen rund 1,3 Milliarden Euro und damit 4,4 % mehr als im Vorjahr.”

LG Kassel zur Kündigungsabfindung  im Insolvenzverfahren

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des LG Kassel, 12.06.2023 – 3 T 276/22. Daraus:

“Zu der Vorschrift des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass die einmalige Abfindung anlässlich des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis von der Abtretung der „Bezüge aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis“ erfasst wird, weil ansonsten die während der Wohlverhaltensphase vorgesehene Bedienung der Gläubiger aus den pfändbaren Arbeitseinkünften des Schuldners leicht zu umgehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – IX ZR 139/09). Die Vorschriften der §§ 850 ff ZPO finden daher Anwendung; konkret unterfällt die verfahrensgegenständliche Kündigungsabfindung dem Anwendungsbereich des § 850 i Abs. 1 ZPO.

Nach § 850 i Abs. 1 ZPO ist dem Schuldner während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als im verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Zweck des § 850 i ZPO ist die Gleichbehandlung aller Einkunftsarten des Schuldners. Zu belassen ist ihm daher so viel, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts bei einem Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn verbleiben würde, was sich nach den §§ 850 ff. ZPO, d. h. unter anderem bei der Vollstreckung von gewöhnlichen Geldforderungen nach § 850 c ZPO bestimmt (LG Wuppertal, Beschluss vom 15.01.2019 – 16 T 235/17; LG Bochum, Beschluss vom 18.08.2010 – I-7 T 433/0 9,7 T 433/09).

Es kommt vorliegend, anders als der Beschwerdeführer meint, nicht darauf an, wofür die Abfindungszahlung geleistet worden ist; es ist also nicht entscheidend, ob die Abfindungszahlung die lange Betriebszugehörigkeit des Beschwerdeführers widerspiegeln soll. Davon abgesehen gehört eine Kündigungsabfindung – wie die vorliegende – zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, weil sie gerade wegen seiner Beendigung vom Arbeitgeber gezahlt wird; sie dient – wie sonstige Geldleistungen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis – der Sicherung des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers und seiner Familie (vgl. BAG, Urteil vom 13.11.1991 – 4 AZR 39/91) und soll regelmäßig ein Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und des verlorenen sozialen Besitzstandes sein (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – IX ZR 139/09).

BMJ-Überlegungen zur Übertragung aller Zuständigkeiten in den Verbraucherinsolvenzverfahren auf die Rechtspflegerschaft

Offenbar gibt es ein BMJ-Schreiben vom 13. 6. 2023, welches sich mit einer Neuordnung von Zuständigkeiten in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzsachen  und der Vereinheitlichung von Zuständigkeiten aus den Länderöffnungsklauseln des § 19 RPflG sowie einer Änderung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG befasst.

Im Ergebnis solle es um eine vollständige Übertragung aller Zuständigkeiten in Verbraucherinsolvenzverfahren („IK-Verfahren“) auf die Rechtspflegerschaft gehen.

Hierzu empfiehlt sich die Lektüre der aktuellen ZVI, die insoweit frei zugänglich ist, nämlich das Editorial von Andreas Schmidt, “Kompetenz unerwünscht” sowie die Stellungnahme des Bundesarbeitskreises Insolvenz- und Restrukturierungsgerichte e. V. (BAKinso), die es auch auf der Webseite des Arbeitskreises als PDF gibt.

Armut oder soziale Ausgrenzung bedrohen ein Viertel der Kinder und Jugendlichen – Anteil in zwei Drittel aller EU-Staaten niedriger als in Deutschland

Aus einer PM des Statistischen Bundesamtes vom 26.7.2023: “Armut ist ein mehrdimensionales Phänomen und kann sich nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen. Im Jahr 2022 war knapp jede oder jeder vierte (24,0 %) unter 18-Jährige in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Armut oder soziale Ausgrenzung sind bei einer Person gemäß Definition dann gegeben, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr verfügbares Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.

EU-weit 24,7 % aller unter 18-Jährigen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht

Im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) lag das Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung für Kinder und Jugendliche in Deutschland 2022 mit 24,0 % nur knapp unter dem Durchschnitt: EU-weit waren im vergangenen Jahr 24,7 % der unter 18-Jährigen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Dennoch war der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Kinder und Jugendlichen in gut zwei Drittel aller EU-Staaten niedriger als hierzulande.”

vzbv: Beschwerden von Postbank-Kund:innen häufen sich

Der vzbv meldete am 19.7.2023: “Dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) liegen seit Jahresbeginn 583 Beschwerden von Kunden der Postbank vor. Das sind zwischen Januar und Juni 2023 bereits annähernd so viele wie im gesamten Vorjahr. Bei der IT-Migration zur Deutschen Bank hatte die Postbank erhebliche Probleme, für die sie keinen ausreichenden Kundensupport bereitstellte. Nach Ansicht des vzbv muss der Vorfall aufgearbeitet werden und darf sich bei keiner Bank wiederholen.

Die IT-Probleme bei der Postbank seit Ende 2022 und ein schlechter Kundenservice sind für viele Kunden inakzeptabel und ärgerlich. „Bei solchen Problemen kann von ordnungsgemäßen Bankabläufen nicht mehr die Rede sein, da offenbar zentrale Leistungen im Zahlungsverkehr nicht mehr für alle Kund:innen aufrechterhalten werden konnten. Das berichten zahlreiche Verbraucher:innen den Verbraucherzentralen und dem vzbv“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv.

Kundenbeschwerden im ersten Halbjahr nehmen zu

Im ersten Halbjahr 2023 häufen sich die Beschwerden unter Postbank-Kunden, die angeben, nicht mehr auf ihre Konten zugreifen zu können, deren Konten gesperrt sind oder Lastschriften nicht mehr eingelöst werden. Wer in der Folge Hilfe beim Kundenservice sucht, kommt nicht weit. Verbraucher:innen berichten von unzureichender Erreichbarkeit, Mitarbeitenden, die nicht helfen können, oder einem Standardschreiben als einziger Reaktion der Bank. Im schlimmsten Fall berichten Kundinnen und Kunden, dass sie über mehrere Wochen nicht über ihr Guthaben verfügen können und ihnen in der Folge Schufa-Einträge aufgrund zurückgegebener Lastschriften drohen.

Stellungnahme zum RefE zum Kreditzweitmarktgesetz: Zentrale Inkassoaufsicht erhalten

Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer (Kreditzweitmarktgesetz) vorgelegt – mehr siehe auf der BMF-Seite.

In einer gemeinsamen Stellungnahme des Arbeitskreises InkassoWatch, der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. sowie mehrerer Verbraucherzentralen wird nun darauf hingewiesen, dass der Entwurf abzulehnende Auswirkungen auf die Inkassoaufsicht hätte.

§ 1 Abs. 3 sieht nicht nur vor, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) grundsätzlich die zuständige Aufsichtsbehörde für Kreditdienstleister sein soll. Darüber hinaus sollen Kreditdienstleister, die zusätzlich Inkassodienstleistungen erbringen, die nicht Kreditdienstleistungen sind, ebenfalls der Aufsicht der BaFin unterstehen. Sie soll die nach § 13h Rechtsdienstleistungsgesetz zuständige Behörde sein.

Mehr in der Stellungnahme und unter infodienst-schuldnerberatung.de

Stromanbieter darf Kundendaten nicht anlasslos an die Schufa übermitteln

Das Landgericht Frankfurt am Main hat dem Energieversorger Eprimo die Verwendung von Datenschutzhinweisen untersagt, die dem Unternehmen die anlasslose Weitergabe personenbezogener Daten an die Schufa und eine andere Auskunftei ermöglichen. Damit gab das Gericht einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) statt. Zur gesamten Meldung.

Verbraucherinformationen im Inkassosektor stärken

Am 30. Juni 2023 fand die 19. Sitzung der Verbraucherschutzministerkonferenz in Konstanz statt. Inzwischen liegt das Ergebnisprotokoll vor. Zu TOP 28 ist festgehalten, dass die Bundesregierung gebeten wird, ” im RDG ein standardisiertes Verbraucherinformationsblatt zu Inkassoschreiben, ein gesetzliches Koppelungsverbot zwischen Schuldanerkenntnis und Ratenzahlungsvereinbarungen …. zu prüfen”.

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde: AG Sinzig muss neu über Inkassokosten entscheiden

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07. Juni 2023 – 2 BvR 2139/21. Aus der Entscheidung:

    “Das Urteil des Amtsgerichts Sinzig vom 1. September 2021 [14 C 104/21] verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG. (…) Das Amtsgericht ist auf den Vortrag der Beschwerdeführerin zur fehlenden Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten nicht eingegangen.

    Die Beschwerdeführerin hat gegenüber dem Amtsgericht mehrfach vorgetragen, dass sie nicht zum Ersatz der Inkassokosten verpflichtet sei, da die T. das Inkassounternehmen beauftragt habe, obwohl sie die Forderungen wiederholt bestritten habe. Im Urteil heißt es demgegenüber nur, die Beschwerdeführerin sei aus Verzugsgesichtspunkten auch zur Tragung von Inkassokosten verpflichtet. (…)

    Inkassokosten sind nach der höchst- und vielfachen obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der herrschenden Meinung in der Literatur zwar grundsätzlich als Schadensersatz erstattungsfähig. Dies gilt mit Blick auf die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB aber nicht, wenn der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig war, etwa weil er Einwendungen gegen die Forderung erhoben hat [Quellen].