Einmalig breite Allianz fordert Anhebung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro und weitere Corona-Soforthilfen für arme Menschen

Spitzenvertreter*innen von 36 bundesweiten Gewerkschaften und Verbänden fordern in einem gemeinsamen Aufruf die zügige Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung auf mindestens 600 Euro sowie sofortige zusätzliche Corona-Hilfen für arme Menschen. Das Spektrum der Unterzeichnenden des Aufrufs “Soforthilfen für die Armen – jetzt!!” reicht von Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, über Kultur, Wohnen, Umwelt bis zu Selbsthilfe und Gesundheit. Eine derart breite zivilgesellschaftliche Allianz für eine bedarfsgerechte, armutsfeste Anpassung der Regelsätze auf ein konkretes Niveau gab es noch nie. Die bisherige politische Unterlassung, arme Menschen durch eine auskömmliche Grundsicherung und effektive Corona-Hilfen zu entlasten, komme einem “armutspolitischen Offenbarungseid” gleich, so die Kritik.

Quelle und mehr: PM des Paritätischen

LSG Darmstadt: Teilzeit-Studierende können Arbeitslosengeld II beanspruchen

Hier der Hinweis auf LSG Darmstadt, 15.12.2020, L 9 AS 535/20 B ER. Aus der Pressemitteilung des Gerichts: Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Ein Teilzeitstudium ist jedoch nicht nach dem BAföG förderungsfähig, da es die Arbeitskraft des Studierenden nicht voll in Anspruch nimmt. Teilzeit-Studierende können daher Arbeitslosengeld II beanspruchen.

LSG Thüringen: Digitale Endgeräte sind auf Zuschussbasis nach § 21 Abs. 6 SGB II zu gewähren

LSG Thüringen, Beschluss vom 8. Januar 2021, L 9 AS 862/20 B ER (Scan):

  1. Die Anschaffung eines internetfähigen Endgeräts ist im Fall der Schulschließung zur Verwirklichung des Rechts des Kindes auf Bildung und Chancengleichheit erforderlich. Die bestehende Möglichkeit, Schulaufgaben in ausgedruckter Form in der Schule abzuholen, ist kein die Modalitäten der Computernutzung entsprechender Ersatz.
  2. Die Kosten für die Anschaffung eines internetfähigen Computers nebst Zubehör zur Teilnahme am pandemiebedingten Hausschulunterricht sind nicht im Regelbedarf berücksichtigt und stellen grundsätzlich einen Mehrbedarf dar (mehr …)

Bundestagsdebatte zu “Garantiesicherung statt Hartz IV – Mehr soziale Sicherheit während und nach der Corona-Krise”

Ein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angekündigter Antrag mit dem Titel „Garantiesicherung statt Hartz IV – Mehr soziale Sicherheit während und nach der Corona-Krise“ (19/25706) steht am Donnerstag, 14. Januar 2021, auf der Tagesordnung des Bundestages. Nach halbstündiger Debatte ist die Überweisung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgesehen. – Quelle und mehr: Bundestag

Keine Sanktionierung bei telefonischen Meldeterminen

Hier der Hinweis auf Drucksache 19/25435, S. 119: Dort stellt MdB Jessica Tatti (DIE LINKE.) die Frage 128: “Vertritt die Bundesregierung bzw. vertritt die Bundesagentur für Arbeit nach Kenntnis der Bundesregierung die Auffassung, dass es den Jobcentern rechtlich möglich ist, nach ohne wichtigem Grund nicht wahrgenommenen Terminen für telefonische Beratungen mit Rechtsfolgenbelehrungen unter Angabe der Rechtsgrundlage § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III Sanktionen nach § 32 SGB II zu verhängen?”

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Anette Kramme vom 16. Dezember 2020: “Dies ist rechtlich nicht möglich. Die Rechtsgrundlage (§ 59 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch) sieht ausschließlich Meldungen in der Form eines persönlichen Erscheinens vor. Telefontermine sind hiervon nicht erfasst.”

Überblick zu aktuellen Gesetzesänderungen im SGB II

Harald Thomé gibt in seinem Newsletter einen Überblick zu den aktuellen Änderungen im SGB II. Die Wichtigsten sind:

  1. Öffnung des Härtefallmehrbedarfes auf einmalige Bedarfe, aber nur wenn ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist“ (§ 21 Abs. 6 SGB II – neu).
  2. Ausdehnung des Schwangerenmehrbedarfes bis Ende des Monats der Entbindung (§ 21 Abs. 2 SGB II-neu)
  3. Streichung der Ausschlussgründe des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Ziff. C) SGB II, somit Umsetzung des EUGH Urteils vom 6.10.2020; Rechtssache C‑181/19.
  4. Einführung eines Bedarfes bei Schülern für Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften bestehen, in Umsetzung der BSG Urteile von Mai 2019 (§ 21 Abs. 6a SGB II – neu). (mehr …)

Bundessozialgericht: Studienkredit nicht als Einkommen zu berücksichtigen und SGB II-Leistungsbezug möglich

Hier der Hinweis auf das Verfahren Bundessozialgericht, B 4 AS 30/20 R. Dazu entschied das Gericht am 8.12.2020 (aus dem Terminsbericht; Nummerierung und Kursiv durch Verf.):

  1. Die der Klägerin [Studentin] ausgezahlten Raten aus dem Studienkredit waren nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Ein Darlehen stellt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG als lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar.
  2. Dem Leistungsberechtigten muss ein wertmäßiger Zuwachs zur endgültigen Verwendung verbleiben, da nur dann die Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfällt. Nach § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II aF (jetzt § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II) sind zwar “auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen”, als Einkommen zu berücksichtigen. An einer entsprechenden Regelung für Privatdarlehen fehlt es indessen. (mehr …)