Paritätischer Armutsbericht 2020: Armut in Deutschland auf Rekordhoch

Laut aktuellem Paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 15,9 Prozent (rechnerisch 13,2 Millionen Menschen) einen neuen traurigen Rekord und den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt in der Studie, dass alles darauf hindeute, dass die Auswirkungen der Corona-Krise Armut und soziale Ungleichheit noch einmal spürbar verschärfen werden.

Der Verband wirft der Bundesregierung eine „armutspolitische Verweigerungshaltung“ vor (mehr …)

LINKE-Antrag: Grundsicherungskürzungen bei Rentnerinnen und Rentnern verhindern

Hier der Hinweis auf einen Antrag der LINKE (BT-Drucksache 19/24454). Es geht dabei, den Effekt einer regelmäßigen Bedarfsunterdeckung zu verhindern, der regelmäßig im Juli – dem Monat der jährlichen Rentenanpassung – entsteht: Für Menschen, die seit April 2004 eine Rentenleistung beziehen und auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind, bedeutet das Zuflussprinzip nämlich, dass ihre Grundsicherungsleistung zu Beginn des Monats Juli um den Betrag gekürzt wird, um den sich die ausgezahlte Rente erhöhen wird.

Vgl. dazu auch den Beitrag vom VdK: Bezug von Rente plus Grundsicherung: einmal im Jahr weniger Geld

Tafeln retten jährlich 265.000 Tonnen Lebensmittel

Bundestagsmeldung: “Die Tafeln in Deutschland würden auch auf Grundlage von Förderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jährlich über 265.000 Tonnen Lebensmittel aus etwa 30.000 Lebensmittelmärkten retten, heißt es in einer Antwort (19/24081) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/32477) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.”

Feine Sache mit der Lebensmittelrettung! Es gilt aber auch nach wie vor der Satz aus der SZ:

Tafeln sind ein Notbehelf, sie bieten Almosen, sie liefern die Krümel vom Überfluss, sie sind Gnadenbrot. Aber sie sind keine geeignete Antwort auf Not und Armut in einer reichen Gesellschaft – sondern Anklage. (…) Ein Staat, der tausend Tafeln braucht, ist kein guter Sozialstaat.

Heribert Prantl

iff veröffentlicht Abschlussbericht zum Forschungsprojekt „Guter Umgang mit Geld, Finanzielle Kompetenz für alleinerziehende Frauen in prekären Lebenslagen“

Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) hat von September 2019 bis Februar 2020 im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg das Forschungsprojekt „Guter Umgang mit Geld, Finanzielle Kompetenz für alleinerziehende Frauen in prekären Lebenslagen“ durchgeführt. Dazu legte das iff nun vor:

Creditreform zur Überschuldung in Deutschland: “Ruhe vor dem Sturm?”

Creditreform legt den “SchuldnerAtlas Deutschland 2020” mit diversen Zahlen vor. Bemerkenswert sind die Schlusszitate:

Die langfristigen Perspektiven für die Überschuldungsentwicklung sind besorgniserregend, da die Corona-Pandemie auch eine weitere Polarisierung von Einkommen und Vermögen bewirkt

Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform

Die oberen sozialen Schichten („Gutverdiener“) können Einkommensausfälle kompensieren – sie sparen vermehrt und üben zugleich Ausgabenvorsicht sowie Konsumzurückhaltung. Die unteren sozialen Schichten haben keine oder nur sehr geringe finanzielle Reserven und eine „negative Sparquote“ – sie ver- und überschulden sich

Stephan Vila, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum und microm

Die Folge: Bereits jetzt deuten sich finanzielle Überlastungen an, die zeitlich versetzt, zu einem Anstieg der Überschuldungsfälle führen werden. „Zudem erwarten wir einen „Nachholbedarf“ bei den Verbraucherinsolvenzverfahren durch die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode ab Oktober 2020. Das wird zu einem zusätzlichen Anstieg der (harten) Überschuldungsfälle führen“, sagt Goy-Yun, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum und microm.

Quelle und mehr: www.creditreform.de

Statistisches Bundesamt: Lohnspreizung: Abstand zwischen Gering- und Besserverdienenden nimmt ab

Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden hat sich zwischen 2014 und 2018 leicht verringert. Nachdem das Statistische Bundesamt (Destatis) im Jahr 2014 einen Stopp der sogenannten Lohnspreizung berichtet hatte, zeigen die Ergebnisse der Verdienststrukturhebung 2018 erstmals eine Tendenz zur Lohnangleichung zwischen Gering- und Besserverdienenden: 2018 erzielten Besserverdienende das 3,27-Fache des Bruttostundenverdiensts von Geringverdienenden, während es 2014 noch das 3,48-Fache gewesen war. – Quelle und mehr: PM des Statistischen Bundesamtes

Einkommensschere: “Die oberen zehn Prozent der Steuerpflichtigen tragen 51,6 Prozent des Einkommensteueraufkommens”

Hier der Hinweis für Freunde von Zahlen auf die Bundestagsmeldung Einkommensteueraufkommen je Einkommensgruppe.

Die oberen zehn Prozent der Steuerpflichtigen tragen 51,6 Prozent des Einkommensteueraufkommens. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (19/21210) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21184) hervor. Den Angaben zufolge gehören Steuerpflichtige mit Gesamteinkünften oberhalb von 103.908 Euro zu dieser Gruppe. Die Gruppe trägt zudem 54,6 Prozent des Aufkommens des Solidaritätszuschalges. Die Daten für das Jahr 2019 seien mit Hilfe eines Mikrosimulationsmodells auf der Grundlage der fortgeschriebenen amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistik ermittelt worden, heißt es in der Antwort.

Armuts­gefährdung in den Bundes­ländern weiter unterschiedlich

Die Armuts­gefährdungs­quote war auf Basis des Mikrozensus im Jahr 2018 in den südlichen Bundesländern Bayern (11,7 %) und Baden-Württemberg (11,9 %) am geringsten. Das bundesweit höchste Armuts­risiko wies Bremen mit 22,7 % auf, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern mit 20,9 %. Die Armuts­gefährdungs­quote ist ein Indikator zur Messung der relativen Ein­kommens­verteilung.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Bertelsmann Stiftung zur Kinderarmut: “Eine unbearbeitete Großbaustelle”

“Seit Jahren ist Kinderarmut eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland. Unsere neue Analyse zeigt, dass es im bundesweiten Durchschnitt keine grundlegende Verbesserung gab. Die Corona-Krise droht das Problem der Kinderarmut zu verschärfen.” – Quelle und mehr: Bertelsmann Stiftung

Dazu das DIW: “Eine Frage der Berechnung

Das besondere Verdienst dieser Studie besteht darin, dass sie einen häufig ignorierten Aspekt der Armut stärker in den Mittelpunkt rückt: die soziale und kulturelle Teilhabe.

DIW Econ zum Niedriglohnsektor: Sackgasse statt Sprungbrett

“Rund 7,7 Millionen und damit mehr als ein Fünftel aller abhängig Beschäftigten in Deutschland verdienten 2018 weniger als 11,40 Euro brutto pro Stunde und arbeiteten damit im Niedriglohnsektor. Ein großer Teil von ihnen erhielt sogar weniger als den gesetzlichen Mindestlohn. Seit den 1990er Jahren ist Deutschlands Niedriglohnsektor um gut 60 Prozent gewachsen – in keinem anderen europäischen Land mit vergleichbarer Wirtschaftsleistung nimmt der Niedriglohnsektor ein solches Ausmaß an. Inzwischen haben einige Branchen ihr Geschäftsmodell auf niedrigen Löhnen aufgebaut. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des DIW Econ, einer Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, in unserem Auftrag.” – Quelle und mehr: PM der Bertelsmann-Stiftung

Siehe auch DIW: “Der Niedriglohnsektor in Deutschland ist größer als bislang angenommen”