Die Entscheidung, ob eine von dem Gläubiger begehrte Auskunft zur Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Drittschuldner nötig ist, obliegt nach dem Gesetz dem Gerichtsvollzieher

Hier der Hinweis auf BGH, Beschluss vom 7. September 2022 – VII ZB 38/21. Der Leitsatz lautet:

Ein Antrag des Gläubigers an das Vollstreckungsgericht auf Konkretisierung der von dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu erteilenden Auskunft in dem (Pfändungs- und) Überweisungsbeschluss oder einem diesen ergänzenden Beschluss ist unzulässig.

Der Titel dieser Meldung steht in Randnummer 9 der Entscheidung.

BGH zur Hemmung der Verjährung beim Mahnbescheid

Der BGH hat mit Urteil vom 14. Juli 2022 – VII ZR 255/21 entschieden – gerichtliche Leitsätze:

Die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren hemmt die Verjährung nur, wenn der Schuldner aufgrund der Bezeichnung des Anspruchs im Mahnbescheid erkennen kann, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet.

Die im Mahnbescheid nicht hinreichende Individualisierung des Anspruchs kann nachgeholt werden. Die Nachholung der Individualisierung hemmt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwar nicht rückwirkend, aber ab dem Zeitpunkt ihrer Vornahme.

Für die nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren ist ebenso wie für die Individualisierung im Mahnbescheid ausschließlich auf den Erkenntnishorizont des Schuldners abzustellen. Dementsprechend ist es ohne Bedeutung, ob die Individualisierung des Anspruchs durch an das Gericht gerichteten Schriftsatz oder außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgt.

Siehe auch schon unsere Meldungen aus 2015 unter …/?s=%22Hemmung+der+Verjährung+durch+Mahnbescheid%22

BGH zum Erstattungsanspruch eines Fluggastes bei insolventem Luftfahrtunternehmen

BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 – IX ZR 140/21 zur Fluggastrechte-VO Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 8 Abs. 1 lit. a – Leitsatz:

Wird ein Flug nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Luftfahrtunternehmens annulliert, stellt der Erstattungsanspruch eines Fluggastes, der den Flug vor der Eröffnung gebucht und vollständig bezahlt hatte, grundsätzlich eine Insolvenzforderung dar.

BGH zur Möglichkeit des Widerrufs bei verbundenen Allgemeinverbraucherdarlehensverträgen nach Ablauf der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Belehrung

Hier der Hinweis auf die Meldung des vzbv zur Entscheidung des BGH vom 22.02.2022, XI ZR 155/21.

Aus der Entscheidung: “… die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation [ist] fehlerhaft, weil die in ihr enthaltene Verweisung auf “alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB” zwar nach den Maßstäben des nationalen Rechts klar und verständlich i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB aF ist, dies aber im Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG (…) im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) in Bezug auf (Allgemein-) Verbraucherdarlehensverträge bei einer richtlinienkonformen Auslegung gleichwohl zu verneinen ist (vgl. Senatsurteile vom 27. Oktober 2020 XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 Rn. 13 ff. und vom 10. November 2020 XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 14 ff.).

BGH verneint gerichtliche Prüfkompetenz der Scheiternbescheinigung

Der BGH hat mit Beschluss vom 24. Februar 2022 – IX ZB 5/21 eine stark umstrittene / diskutierte Frage wie folgt entschieden (Leitsatz):

Dem Insolvenzgericht steht keine inhaltliche Prüfungsbefugnis der von dem Schuldner vorgelegten Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs zu.

Eine gute Entscheidung für die Schuldner:innen?

Zumindest eine Stärkung der geeigneten Stellen / Personen im Sinne des § 305 InsO. (mehr …)

BGH zur Insolvenzmasse und der Zuordnung eines Anspruchs auf Einkommensteuererstattung nach Erteilung der Restschuldbefreiung

BGH, 13.01.2022 – IX ZR 64/21: Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren die Restschuldbefreiung erteilt, gehört der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen zur Insolvenzmasse und nicht zum insolvenzfreien Neuerwerb des Schuldners, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während des Verfahrens vor Ablauf der Abtretungsfrist verwirklicht worden ist.

BGH zum Wohnraummietvertrag: Erheblichkeit des zur außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs berechtigenden Mietrückstands

Eine im Fall der Fälle sehr bedeutsame Entscheidung hat der BGH am 8.12.2021, VIII ZR 32/20 gefällt. Gemäß § 543 Absatz 2 Nr. 3 a BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teiles der Miete in Verzug ist. Doch wann ist das der Fall? – gerichtlicher Leitsatz:

Die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigenden Mietrückstands ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Danach ist der Rückstand jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Für eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu jeweils einer Monatsmiete und damit für eine richterliche Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs lässt das Gesetz keinen Raum.

Hintergrund war, dass die Mieterin von der Bruttomiete in Höhe von monatlich 704 € für den Monat Januar 2018 einen Betrag von 135,41 € schuldig blieb und für Februar 2018 gar keine Miete entrichtet hatte. Der BGH ließ dies für eine außerordentliche fristlose Kündigung genügen.

Eine ausführliche Besprechung der Entscheidung ist von Claus Richter in den druckfrischen BAG-SB-Informationen 2022, S. 11 nachzulesen.

BGH zur Aufhebung der Verstrickung (Kontopfändung) in der Wohlverhaltensphase

BGH, 02.12.2021, IX ZB 10/21 – Leitsatz

Die Verstrickung einer gepfändeten Forderung kann während des Restschuldbefreiungsverfahrens dadurch beseitigt werden, dass das Vollstreckungsgericht die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung aussetzt, ohne die Pfändung insgesamt aufzuheben (Fortführung von BGH, Beschluss vom 19. November 2020 – IX ZB 14/20)

vgl. https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=verstrickung