BGH zum Räumungsanspruchs des Vermieters in der Insolvenz

BGH, Urteil vom 17. September 2020 – IX ZR 62/19.

Rn. 11: Endet der Mietvertrag – wie im Streitfall – nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hat wegen des Räumungsanspruchs des Vermieters die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeit und Insolvenzforderung grundsätzlich danach zu erfolgen, wann das Räumungsgut auf das Mietgrundstück verbracht worden ist. (mehr …)

BGH: Die Hemmung nach § 497 Abs. 3 BGB greift auch für schon gekündigte Verbraucherdarlehen

Schlechte Nachrichten für Schuldner*innen: in der strittigen Frage der Verjährungshemmung eines gekündigten Verbraucherdarlehens (vgl. unsere Meldungen) hat sich der BGH wie folgt positioniert, BGH, 14.07.2020, XI ZR 553/19, Leitsatz 1:

Der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst auch den Anspruch auf Rückzahlung gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2, § 497 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Gesamtfälligstellung des Teilzahlungsdarlehens wegen Zahlungsverzugs (Senatsurteil vom 13. Juli 2010 – XI ZR 27/10, WM 2010, 1596 Rn. 8 ff., 11 ff.).

BGH zur Versagung einer Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO

Im Beschluss vom 16.7.2020 – IX ZB 77/18 – hat der BGH eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO aF i.V.m. §§ 20, 97 InsO bestätigt. Der objektive Tatbestand der Vorschrift sei verwirklicht worden, indem der Schuldner Ansprüche aus fünf Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert von über 64.000 Euro im (Regelinsolvenz-) Verfahren nicht vollständig angegeben habe.

Die Entscheidung ist nicht umwälzend, gibt aber Gelegenheit, sich mit der Versagung und vor allem mit der groben Fahrlässigkeit zu befassen.

BGH zur vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 300 InsO

Hier der Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 28.5.2020, IX ZB 50/18 zur vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 300 InsO.

Der BGH bekräftigt, dass die vorzeitige Restschuldbefreiung nicht mehr erteilt werden kann, wenn die vorgesehene Mindestbefriedigungsquote erst nach Ablauf von drei Jahren erreicht wird. Der in § 300 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 InsO geregelte Zeitraum stellt eine Ausschlussfrist dar (vgl. schon BGH, 19.09.2019, IX ZB 23/19, Leitsatz 4: Die Mindestbefriedigungsquote muss innerhalb von drei Jahren nach Insolvenzeröffnung an den Insolvenzverwalter gezahlt worden sein.)

Des Weiteren lässt der BGH weiterhin ausdrücklich offen, ob die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend auf die Ausschlussfrist des § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO anzuwenden sind. Wenn dies der Fall wäre, müsste aber die § 234 ZPO zu entnehmende Antragsfrist gewahrt sein und innerhalb dieser Frist der zur Erreichung der Mindestbefriedigungsquote erforderliche Betrag nachgeschossen werden (vgl. § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO). Das war im konkreten Fall nicht der Fall gewesen.

BGH: Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens nach einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann abgetreten und gepfändet werden

BGH, Beschluss vom 18. Juni 2020 – IX ZB 11/19

Der Anspruch auf Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens nach einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann abgetreten und gepfändet werden. Er fällt daher in die Insolvenzmasse.

BGH: Pflichten des Anwalts bei Auftrag zur zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung

BGH, Urteil vom 19.9.2019 – IX ZR 22/17- Leitsätze:

  1. Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt worden ist und einen Titel gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt hat, hat zügig die Zwangsvollstreckung zu betreiben, soweit pfändbares Vermögen bekannt ist oder mit den Möglichkeiten, welche die Zivilprozessordnung bietet, ermittelt werden kann (Bestätigung von BGH, Urt. vom 7. September 2017 – IX ZR 71/16, WM 2017, 1938 Rn. 11).
  2. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Verzögerung der Zwangsvollstreckung zum Ausfall des Mandanten führen würde, muss der beauftragte Rechtsanwalt die Zwangsvollstreckung mit besonderer Beschleunigung betreiben. Er muss dann unter den verfügbaren Vollstreckungsmöglichkeiten diejenige auswählen, die am schnellsten zu einem Ergebnis führt.

BGH zur Berücksichtigung eigener Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person im Sinne des § 850c Abs. 4 ZPO

Hier der Hinweis auf eine bedeutsame Entscheidung des BGH vom 09.07.2020, Aktenzeichen:  IX ZB 38/19, mit den Leitsätzen

  1. Das Kindergeld stellt kein Einkommen im Sinne des § 850c Abs. 4 ZPO dar. Das gilt auch dann, wenn das Kind erste unterhaltsberechtigte Person im Sinne des § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO ist (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 – IXa ZB 322/03, ZVI 2004, 387).
  2. Das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht kann im Rahmen der Berechnung des Lebensbedarfs der unterhaltsberechtigten Person zusätzliche Bedarfe, insbesondere den für Unterkunft und Heizung, berücksichtigen.
  3. Der Besserungszuschlag ist allein aus dem sozialhilferechtlichen Regelbedarf zu berechnen.

Siehe auch (mehr …)

BGH: Inkassopauschale von 34,15 Euro für Gaskunden der Stadtwerke München nach erfolgreicher Klage des vzbv unwirksam

Der vzbv weist auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.06.2020, Az. VIII ZR 289/19, hin, welche Pflichtlektüre sein dürfte. Aus der PM des Verbandes:

Energieversorger dürfen keine überhöhten Inkassokosten verlangen, wenn sie Zahlungen bei säumigen Kunden eintreiben lassen. Eine Pauschale im Preisverzeichnis, die allgemeine Verwaltungskosten wie IT-Systemkosten sowie Planungs- und Überwachungsaufwand für einen externen Dienstleister einbezieht, ist unzulässig.

Die gerichtlichen Leitsätze 2a+b:

2a. Bezieht eine Formularklausel einen nicht ersatzfähigen Schaden in die Pauschale ein, ist sie nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, weil die Schadenspauschale dann generell überhöht ist (mehr …)

BGH: Inkassopauschale von 34,15 Euro für Gaskunden der Stadtwerke München nach erfolgreicher Klage des vzbv unwirksam

Der vzbv weist auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.06.2020, Az. VIII ZR 289/19, hin, welche Pflichtlektüre sein dürfte. Aus der PM des Verbandes:

Energieversorger dürfen keine überhöhten Inkassokosten verlangen, wenn sie Zahlungen bei säumigen Kunden eintreiben lassen. Eine Pauschale im Preisverzeichnis, die allgemeine Verwaltungskosten wie IT-Systemkosten sowie Planungs- und Überwachungsaufwand für einen externen Dienstleister einbezieht, ist unzulässig.

Die gerichtlichen Leitsätze 2a+b:

2a. Bezieht eine Formularklausel einen nicht ersatzfähigen Schaden in die Pauschale ein, ist sie nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, weil die Schadenspauschale dann generell überhöht ist (mehr …)

BGH zu pauschalen Kostenbeträgen eines Energieversorgungsunternehmens bei Zahlungsverzug von Verbrauchern

Die Entscheidung ist nicht mehr ganz neu, sollte umso mehr Beachtung finden: BGH, 26.06.2019 – VIII ZR 95/18 – Leitsatz:

Auch für ein Energieversorgungsunternehmen, das Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt und einem Kontrahierungszwang im Bereich der Grundversorgung unterliegt (§ 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG) gilt, dass der Geschädigte den für die Schadensermittlung und außergerichtliche Abwicklung seines Schadensersatzanspruchs anfallenden Arbeits- und Zeitaufwand, auch wenn er hierfür besonderes Personal einsetzt oder die Tätigkeiten extern erledigen lässt, grundsätzlich selbst trägt

(im Anschluss an BGH, Urteile vom 9. März 1976 – VI ZR 98/75, BGHZ 66, 112, 114 f.; vom 31. Mai 1976 – II ZR 133/74, WM 1976, 816 unter 2 a; vom 6. November 1979 – VI ZR 254/77, BGHZ 75, 230, 231 f.; vom 26. Februar 1980 – VI ZR 53/79, BGHZ 76, 216, 218; vom 8. November 1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 352; vom 17. September 2009 – Xa ZR 40/08, WM 2009, 2398 Rn. 13; vom 8. Mai 2012 – VI ZR 37/11, NJW 2012, 2267 Rn. 10 und Beschluss vom 20. September 2016 – VIII ZR 239/15, RdE 2017, 297 Rn. 7).

Siehe auch BGH: Personalkosten in Mahnkostenpauschalen unzulässig (ew-online.de). Ebenso zu diesem Thema Vattenfall und die 3,10 Euro-Mahnkosten