Sozialgericht Speyer: Leistungsausschluss für Unionsbürger*innen verfassungswidrig und europarechtswidrig

Das SG Speyer hat am 17.08.2017 unter dem Aktenzeichen S 16 AS 908/17 ER beschlossen:

Die Ausschlusstatbestände des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstoßen gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs. 1 GG (Anschluss an SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18.04.2016 – S 3 AS 149/16 -).

Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstößt auch gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004.

An der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind Fachgerichte für den Fall, dass sie die angegriffene Regelung für verfassungswidrig erachten, nicht dadurch gehindert, dass (mehr …)

Europäischer Gerichtshof: Betreibungsschritte von Inkassobüros können unlautere Geschäftspraktiken darstellen

Im Urteil vom 20.07.2017 – C-357/16 (Gelvora) stellte der EuGH klar: „Eine Inkassogesellschaft wie Gelvora erbringt nämlich für einen Verbraucher zwar keine Verbraucherkreditdienstleistung als solche; trotzdem fällt ihre Tätigkeit, die Beitreibung der ihr abgetretenen Forderungen, unter den Begriff der möglicherweise unlauteren „Geschäftspraktiken“ im Sinne der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, weil die von ihr ergriffenen Maßnahmen geeignet sind, die Entscheidung des Verbrauchers in Bezug auf die Bezahlung des Produkts zu beeinflussen.“ (Rz 25).

Tenor: Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern (mehr …)

Bericht zur Bundestagsanhörung zur Zahlungsdiensterichtlinie

„Die von der Regierung geplanten Verbesserungen für Kunden bei Kartenzahlungen sind bei Verbraucherschützern auf positive Resonanz gestoßen. Es werde ausdrücklich begrüßt, dass das „Bezahlen nur für das Bezahlen“ in starkem Maße eingeschränkt werden solle, erklärte die Verbraucherzentrale (Bundesverband) in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch. Es werde dann „endlich wieder über die Endpreise“ gesprochen, so die Organisation zu den heute vielfach üblichen Angaben eines Grundpreises, auf den dann Gebühren aufgeschlagen würden. In der Anhörung ging es um den von der Regierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (18/11495). Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass (mehr …)

Online-Handel und Online-Streitbeilegung (OS): 24.000 Verbraucher nutzten die neue europäische Plattform im ersten Jahr

„In der EU gibt es zwar strenge Verbraucherschutzvorschriften, aber in der Praxis haben Verbraucher zuweilen Probleme mit der Durchsetzung ihrer Rechte, wenn – insbesondere grenzüberschreitend – gegen diese verstoßen wird.

Wenn Verbraucher ihre Käufe online getätigt haben, sollten sie auch in der Lage sein, solche Probleme online zu lösen. Sei es, dass ein Verkäufer sich weigert, einen defekten Laptop während der Garantiezeit zu reparieren oder dass ein Reisevermittler nicht zu einer Rückerstattung wegen Reisemängeln bereit ist – solche Streitigkeiten können schneller und kostengünstiger nicht vor Gericht, sondern online über eine Online-Streitbeilegungs-Plattform (OS-Plattform) beigelegt werden, die am 15. Februar 2016 von der Kommission gestartet wurde. (mehr …)

Europäische Kommission – Factsheet: Aktionsplan Finanzdienstleistungen für Verbraucher

Hier der Hinweis auf http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-670_de.htm. Daraus:

„Zur Absteckung noch bestehender Hindernisse und der Schaffung eines stärker integrierten EU-Marktes für Verbraucherfinanzdienstleistungen lancierte die Kommission im Dezember 2015 die Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden-Konsultation. Im Rahmen der Konsultation gingen Reaktionen eines breiten Spektrums interessierter Kreise, einschließlich von Verbrauchern, Verbraucherschutzorganisationen, Vertretern der Industrie und der Behörden ein. Die 428 bei der Kommission eingegangenen Beiträge bestätigten, dass Finanzdienstleistungen für Verbraucher in der EU noch nicht so weit integriert sind, wie sie es sein könnten. (mehr …)

LSG Bayern: mit 5 Wochenstunden und 187 Euro Monatseinkommen kann EU-Arbeitnehmer*innenstatus und damit SGB II Anspruch gegeben sein

In seinem gestrigen Newsletter  weist Harald Thomé auf den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts, L 11 AS 887/16 B ER vom 06.02.2017  hin.

„Das LSG Bayern sieht in einer Eilentscheidung bei einer rumänischen Staatsangehörigen, die als „Haushaltshilfe (Gartenarbeiten, Hausarbeiten)“ mit 5 Stunden pro Woche und einem Monatseinkommen von 187 Euro arbeitet, den Arbeitnehmer*innenstatus als möglich an und hat daher vorläufig aufstockende Leistungen nach dem SGB II angeordnet. Diese Entscheidung ist daher so wichtig, weil damit klargestellt wird, dass ein Arbeitnehmerstatus nicht erst bei 8 Wochenstunden (siehe Weisungslage BA) und rund 275 EUR Monatsverdienst beginnt, sondern bei geringerer Stundenzahl und Einkommen.“

Thomé: „Nahles stellt sich mit dem „EU-Bürger Ausschlussgesetz“ gegen Verfassungsrecht“

Aus dem aktuellen Thomé-Newsletter: „Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass jede Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, einen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Menschenrecht hat, welches deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zusteht. Insofern müsse ein Leistungsanspruch eingeräumt werden (Urteil vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10,1 BvL 2/1). (mehr …)

vzbv zum Scoring und der EU-Datenschutz-Grundverordnung: Rückschritt beim Datenschutz verhindern

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) befürchtet einen abnehmenden Datenschutz beim Scoring, der automatisierten Bewertung der Kreditwürdigkeit. Grund ist die Datenschutz-Grundverordnung der EU, die ab Frühsommer 2018 gilt. Sie sieht deutlich unbestimmter gefasste Regelungen rund um das Scoring vor als das aktuell gültige Bundesdatenschutzgesetz. Der vzbv fordert die Bundesregierung auf, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um das Datenschutzniveau zu erhalten.  (mehr …)