Inkasso
vzbv: Auch nach Inkassoreform bieten die Regelungen keinen hinreichenden Verbraucherschutz
Der vzbv meldet: Mehr als 12.000 Verbraucherbeschwerden sprechen für sich: Im Inkassorecht besteht weiterhin Handlungsbedarf. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gemeinsam mit weiteren Verbraucherverbänden überprüft, ob sich die neuen Regelungen seit der Inkassoreform im Jahr 2021 in der Praxis bewährt haben.
„Seit Januar 2022 wurden in den Verbraucherzentralen bundesweit über 12.000 Beschwerden zum Thema Inkasso erfasst. Die Inkassoreform hat nicht zu ausreichend verbraucherfreundlichen Regelungen geführt“, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop. „Können Verbraucher:innen nicht sofort zahlen, werden sie schnell mit hohen Kosten konfrontiert. Darunter leiden insbesondere einkommensschwache und überschuldete Menschen.“
Eine aktuelle Untersuchung der Praxis von Inkassounternehmen zeigt diverse Probleme auf. Bei einer stichprobenartigen Fallsammlung wurden etwa Inkassoschreiben mit erhöhten Kostensätzen gefunden. Ein Hinweis, dass eigentlich ein geringerer Kostensatz gelte, erfolgte mitunter in kleiner Schriftgröße oder auf einer anderen Seite des Schreibens. Auch kam es vor, dass auf einen möglichen geringeren Gesamtbetrag hingewiesen wurde, Verbraucher:innen diesen allerdings selbst ausrechnen mussten. Sehr kurze Zahlungsfristen waren ein weiteres Problem.
Klarna, Paypal & Co. in der Schuldnerberatung
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Geld machen, wo andere nicht mehr zahlen können
Erstmals Aufruf zur neuen Sammelklage: “Rechtswidrige Mahnkosten bei Zalando”
Aus der PM der Verbraucherzentrale Sachsen vom 16.10.2023: “Wer bei Zalando bestellt und nicht fristgemäß zahlt, bekommt mit der zweiten Mahnung 5,30 Euro Mahngebühren per E-Mail aufs Auge gedrückt. Viele zahlen diesen Betrag, schließlich haben sie die Zahlungsfrist versäumt und vertrauen darauf, dass sich einer der größten europäischen Versandhändler an geltendes Recht hält.
Rechtswidrige Mahngebühren
„Wir halten diese Gebühren für unzulässig“, sagt Michael Hummel, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Sachsen. „Zum einen gibt es keine Regelungen in den AGB von Zalando, zum anderen dürfen nach der Rechtsprechung nur tatsächlich anfallende Kosten geltend gemacht werden. Und die sind bei E-Mail-Mahnungen verschwindend gering.“
Aufruf zur gemeinsamen Klage
Deshalb nutzt die Verbraucherzentrale Sachsen die am Freitag in Kraft getretene neue Sammelklage, um die unzulässigen Mahngebühren von Zalando zurück zu holen. Wer sich der Klage direkt in der ersten Phase anschließen möchte, muss lediglich nachweisen, dass die Mahngebühren erhoben und gezahlt wurden. Das geht unkompliziert per PDF-Datei über ein Online-Formular der Verbraucherzentrale Sachsen. In der zweiten Phase, nach Einreichung der Klage, können sich alle Interessierten anschließen. Die Beteiligung an der neuen Sammelklage ist für alle Betroffenen kostenfrei, weil Risiko und Kosten die Verbraucherzentrale Sachsen übernimmt.
Bündnis aus Verbraucherzentralen, vzbv und weiteren Verbraucherverbänden fordern neue Regeln im Inkassorecht
Verbändebündnis fordert neue Regeln für Inkasso
Das Inkassorecht muss dringend überarbeitet werden, fordert ein Bündnis aus Verbraucherzentralen, vzbv und weiteren Verbraucherverbänden. [Anmerkung: hier direkt zum sehr lesenswerten Positionspapier mit den Forderungen] Die aktuellen gesetzlichen Regelungen haben Schlupflöcher, die von Inkassounternehmen ausgenutzt werden und Verbraucher:innen in Deutschland finanziell belasten.
„Tausende Verbraucher:innen beschweren sich jedes Jahr bei den Verbraucherzentralen über Inkassodienstleister. Überhöhte Inkassokosten können besonders für einkommensschwache und überschuldete Menschen zu einer echten Bedrohung werden“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv. „Die Inkasso-Reform vor zwei Jahren war halbherzig, Kernprobleme wurden nicht angegangen. Der Bundesjustizminister sollte gründlich nachbessern – besonders in der aktuellen Preiskrise wäre das eine deutliche Erleichterung für viele Verbraucher:innen.“ (…)
Das Dreiecksverhältnis zwischen Gläubiger, Inkassodienstleister und Schuldner ist kompliziert und oft kaum verständlich. Verbraucher:innen werden mit Inkassokosten konfrontiert und können nicht prüfen, welche Vergütung zwischen Gläubiger und Inkassodienstleister vereinbart und gezahlt wurde.
Die Verbraucherschützer fordern, dass Inkassodienstleister beim Erheben von Inkassokosten den konkreten Schaden nachweisen müssen, also die vom Gläubiger an den Inkassodienstleister geleistete Zahlung. Damit soll eine Weitergabe fiktiver Inkassokosten verhindert werden.
fiktive Inkassokosten: LG Dortmund schließt sich OLG Hamburg an
Hier der Hinweis auf das Urteil des LG Dortmund vom 23.06.2023 – 3 O 70/23. Dort wurde die Beklagte zwar zur Zahlung der Hauptforderung (Darlehen) verurteilt, aber bezüglich der Inkassokosten die Klage abgewiesen. Dies unter Bezugnahme auf OLG Hamburg, 15.6.2023, 3 MK 1/21
Aus der Entscheidung: “Das Gericht hat bereits in der Ladungsverfügung vom 29.03.2023 (…) auf das beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg anhängige Musterfeststellungsklageverfahren gegen die hiesige Klägerin (Az.: 3 MK 1/21) hingewiesen. (…) [Anmerkung: dazu hier und ZVI 2023/317]
Wegen der zwischen der dortigen Musterfeststellungsbeklagten (zugleich hiesigen Klägerin) als Forderungsgläubigerin und der B1 als Inkassodienstleisterin vereinbarten Vergütungsstruktur seien nach Auffassung des Senats die Rechtsverfolgungskosten in den konkreten Fällen bei der Musterfeststellungsbeklagten tatsächlich nicht angefallen und stellten damit keinen echten Vermögensnachteil dar. Die Inkassovergütung falle dem Urteil zufolge faktisch nur an, wenn sie von dem Verbraucher erfolgreich eingezogen werden könne. Gegenüber der Musterfeststellungsbeklagten als Auftraggeberin des Inkassos sei die Vergütung dagegen zunächst gestundet und müsse auch bei Erfolglosigkeit der Einziehung nicht von ihr gezahlt werden.
Stellungnahme zum RefE zum Kreditzweitmarktgesetz: Zentrale Inkassoaufsicht erhalten
Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer (Kreditzweitmarktgesetz) vorgelegt – mehr siehe auf der BMF-Seite.
In einer gemeinsamen Stellungnahme des Arbeitskreises InkassoWatch, der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. sowie mehrerer Verbraucherzentralen wird nun darauf hingewiesen, dass der Entwurf abzulehnende Auswirkungen auf die Inkassoaufsicht hätte.
§ 1 Abs. 3 sieht nicht nur vor, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) grundsätzlich die zuständige Aufsichtsbehörde für Kreditdienstleister sein soll. Darüber hinaus sollen Kreditdienstleister, die zusätzlich Inkassodienstleistungen erbringen, die nicht Kreditdienstleistungen sind, ebenfalls der Aufsicht der BaFin unterstehen. Sie soll die nach § 13h Rechtsdienstleistungsgesetz zuständige Behörde sein.
Mehr in der Stellungnahme und unter infodienst-schuldnerberatung.de