iff-Discussion-Paper 2020/5 von Doris Neuberger.
Im risikoadjustierten Zinssystem zahlen Verschuldete trotz hoher Überschuldungsgefährdung systematisch höhere Zinsen. Die nicht böswillige Forderung erhöhter Preise im Ratenkredit mit Verbrauchern wird gesetzlich dem Wucherverbot unterworfen, wenn bei Einkommensschwäche und insbesondere in Risikosituationen Produkte angeboten werden, die mehr als doppelt so teuer sind wie marktüblich. Typisch sind dabei Umschuldungssituationen, wenn bestehende Kreditverpflichtungen nicht eingehalten werden können bzw. auch kurzfristig zusätzlicher Kredit notwendig wird. Durch Ausnutzung der Not von Verschuldeten wird Wucher zu einem Faktor der Überschuldung. Dieser Zusammenhang kommt in der Überschuldungsforschung bisher zu kurz. Der vorliegende Beitrag untersucht unter dem Aspekt des Marktversagens die ökonomische Rationalität wucherischer Zinssysteme auf Verbraucherkreditmärkten. Er betrachtet Wucher als ein systemisches Problem der sozialen Diskriminierung, bei dem die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe bzw. einer Risikosituation zu einer Einklemmung in eine Kette von überteuerten Kredit- und Finanzverträgen führt. Die Literatur und Fallbeispiele zeigen, dass Wucher besonders Überschuldete oder für Überschuldung gefährdete Verbraucher betrifft, die dadurch erst recht in die Überschuldung bis hin zur Insolvenz geraten. Bessere Gesetze gegen Wucher verbessern den Zugang zu Krediten und senken die Insolvenzhäufigkeit. Die Wuchergesetzgebung muss reformiert werden.
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