Auch nach Inkassoreform: Strukturelles Ungleichgewicht zwischen Inkassounternehmen und Verbraucher*innen

Gemeinsame Stellungnahme AK InkassoWatch, VZen, BAG-SB, AG SBV Rahmen der Evaluation des „Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“

vzbv: Auch nach Inkassoreform bieten die Regelungen keinen hinreichenden Verbraucherschutz

Der vzbv meldet: Mehr als 12.000 Verbraucherbeschwerden sprechen für sich: Im Inkassorecht besteht weiterhin Handlungsbedarf. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gemeinsam mit weiteren Verbraucherverbänden überprüft, ob sich die neuen Regelungen seit der Inkassoreform im Jahr 2021 in der Praxis bewährt haben.

Siehe Gemeinsame Stellungnahmezur Evaluation des
„Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“

„Seit Januar 2022 wurden in den Verbraucherzentralen bundesweit über 12.000 Beschwerden zum Thema Inkasso erfasst. Die Inkassoreform hat nicht zu ausreichend verbraucherfreundlichen Regelungen geführt“, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop. „Können Verbraucher:innen nicht sofort zahlen, werden sie schnell mit hohen Kosten konfrontiert. Darunter leiden insbesondere einkommensschwache und überschuldete Menschen.“   

Eine aktuelle Untersuchung der Praxis von Inkassounternehmen zeigt diverse Probleme auf. Bei einer stichprobenartigen Fallsammlung wurden etwa Inkassoschreiben mit erhöhten Kostensätzen gefunden. Ein Hinweis, dass eigentlich ein geringerer Kostensatz gelte, erfolgte mitunter in kleiner Schriftgröße oder auf einer anderen Seite des Schreibens. Auch kam es vor, dass auf einen möglichen geringeren Gesamtbetrag hingewiesen wurde, Verbraucher:innen diesen allerdings selbst ausrechnen mussten. Sehr kurze Zahlungsfristen waren ein weiteres Problem.

Teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot

Das kommt auch nicht alle Tage vor. Am 13.12.2023 hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen (2 BvR 2204/21), dass der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 25. Oktober 2021, 330 T 54/20, die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 des Grundgesetzes verletze und daher aufzuheben sei. 

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liest sich wie eine gehörige Klatsche. Daraus:

“Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. (…9

So liegt der Fall hier. Die Entscheidung des Landgerichts ist schlechterdings unhaltbar. Die tragende Erwägung, auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Insolvenzantrags komme es nicht an, sofern nur zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ein Insolvenzgrund tatsächlich gegeben sei, verkennt die Bedeutung der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO, deren Zusammenspiel mit § 16 InsO und den Prüfungsumfang des Gerichts in nicht mehr nachvollziehbarer Weise. Sie ist damit unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar.

Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist ein Insolvenzantrag (§ 13 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dieser muss zulässig und begründet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 – IX ZB 214/05 -, juris, Rn. 6, 13). Stellt ein Gläubiger den Insolvenzantrag, setzt die Zulässigkeit desselben gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO voraus, dass der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Begründet ist der Insolvenzantrag, wenn gemäß § 16 InsO ein Eröffnungsgrund gegeben ist, im Falle eines Gläubigerantrags also Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) zur Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt der Eröffnung vorliegen (vgl. BGHZ 169, 17 <20 Rn. 8>). (…)

Update für 2024: Bescheinigungen des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ nach SGB II und SGB XII

Im Rahmen des Schuldnerschutzes bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie bei privilegierten Aufrechnungen/Verrechnungen von Sozialleistungen ist der Nachweis des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ von Bedeutung.

Zuverlässig wie stets hat Dieter Zimmermann dazu das jährliche Update verfasst, welches unter https://infodienst-schuldnerberatung.de/beratung/2024-bescheinigungen-des-sozialrechtlichen-existenzminimums-nach-sgb-ii-und-sgb-xii/ aufrufbar ist.

Dort gibt es dann auch diverse Vorlagen / Dateien zum Download.

Die Überschriften des Beitrags:

I. Pfändung in den Vorrechtsbereich nach § 850d ZPO
II. Pfändung in den Vorrechtsbereich nach § 850f Abs. 2 ZPO
III. Aufrechnung/Verrechnung von Sozialleistungen bis zur Hälfte
IV. Unterschiede zwischen SGB II- und SGB XII-Bescheinigung
V. Fazit

Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024

Die Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024 ist unter BGBl. 2023 I Nr. 403 vom 27.12.2023 nachlesbar.

Weitere Informationen dazu gibt es im Beitrag von Freeman / Zimmermann im https://infodienst-schuldnerberatung.de/beratung/einkommens-freibetraege-2024-fuer-die-beratungs-und-prozesskostenhilfe-mit-berechnungsbogen/. Dort gibt es auch Berechnungsbogen zum Download.