Ein Insolvenzverfahren wird nur dann eröffnet, wenn die Verfahrenskosten gedeckt sind. Sonst wird die Eröffnung mangels Masse abgewiesen. Damit auch mittellose Personen ein Verbraucherinsolvenzverfahren einleiten können, gibt es die Möglichkeit der Verfahrenskostenstundung (§ 4a InsO).
Antrag erforderlich
Die Verfahrenskostenstundung wird nur auf Antrag gewährt. Dieser Antrag ist nicht im vorgeschriebenen Formularsatz für den Insolvenzantrag enthalten, sondern muss extra gestellt werden. Für den Verfahrenskostenstundungsantrag gilt – anders als für den Verbraucherinsolvenzantrag – kein Formularzwang. Die meisten Gerichte stellen aber einen eigenen Stundungsantrag zur Verfügung. Dieser kann verwendet werden, muss aber nicht.
Das Insolvenzgericht entscheidet über die Gewährung der Verfahrenskostenstundung für jeden Verfahrensabschnitt (Insolvenzphase und Wohlverhaltensphase) neu (§ 4a Abs. 2 S.2 InsO).
Ob deshalb auch für jeden Verfahrensabschnitt ein eigener Antrag erforderlich ist, ist nicht eindeutig gesetzlich geregelt. Die Praxis bei den einzelnen Insolvenzgerichten ist sehr unterschiedlich.
Wir empfehlen mit dem Insolvenzantrag gemeinsam einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung einzureichen, der beide Verfahrensabschnitte umfasst. Beispielsweise mit der Formulierung:
„Ich beantrage, mir die Kosten des gesamten Insolvenzverfahrens einschließlich des Restschuldbefreiungsverfahrens und einschließlich der Treuhändergebühren zu stunden.“
Die Klienten sollten sicherheitshalber aber immer darauf hingewiesen werden, dass für die Wohlverhaltensphase eventuell nochmal ein Antrag auf Verfahrenskostenstundung gestellt werden muss.
Folgen des fehlenden Antrags in der Wohlverhaltensphase
In der Wohlverhaltensphase entstehen i.d.R. nur die Treuhändergebühren als zusätzliche Kosten. Wurde für die Wohlverhaltensphase kein Antrag auf Verfahrenskostenstundung gestellt, wird deshalb der Schuldner oder die Schuldnerin nach Fälligkeit der Treuhändergebühr vom Treuhänder mit einer Frist von mindestens 2 Wochen aufgefordert, diese zu bezahlen. Da nach Ablauf der Frist des Treuhänders die Versagung der Restschuldbefreiung droht, erfolgt danach eine Anhörung durch das Gericht. Nach der Aufforderung durch das Gericht hat der Schuldner oder die Schuldnerin nochmals 2 Wochen Zeit, die Treuhändergebühren zu zahlen oder sich um die Stundung zu bemühen. Ist diese letzte Frist um und ist dann weder bezahlt noch gestundet, versagt das Gericht die Restschuldbefreiung. Bei dieser Entscheidung hat das Gericht keinen Ermessensspielraum.
Anders als die meisten sonstigen Versagungsgründe löst diese Versagung keine Sperrfrist aus. Es kann direkt wieder ein Insolvenzverfahren beantragt werden.
Was muss der Antrag beinhalten?
Damit der Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten Erfolg hat, muss er verschiedene Erklärungen beinhalten:
- Die Erklärung, dass kein Versagungsgrund gem. § 290 Abs. 1 Nr. 1 vorliegt. Dieser Versagungsgrund ist gegeben, wenn der Schuldner oder die Schuldnerin gem. §§ 283 bis § 283c zu mindestens 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Das sind die Straftaten des Bankrotts, des schweren Bankrotts, der Verletzung der Buchführungspflicht und die Gläubigerbegünstigung. Solche Verurteilungen kommen am ehesten bei ehemals Selbständigen vor, sind aber sehr selten.
- Die Erklärung, dass dem Schuldner oder der Schuldnerin in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenskostenstundung keine Restschuldbefreiung erteilt oder versagt wurde. Hier geht es darum zu prüfen, ob evtl. noch eine Sperrfrist aus einem vorherigen Insolvenzverfahren besteht.
- Die Erklärung, dass ein Antrag auf Restschuldbefreiung bereits gestellt ist oder beiliegt.
- Die Erklärung, dass dem Schuldner oder der Schuldnerin keine ausreichenden Mittel zur Begleichung der Verfahrenskosten zur Verfügung stehen, auch nicht von einer anderen Person zur Verfügung gestellt werden kann.
Die Verfahrenskostenstundung kann nur von natürlichen Personen beantragt werden.
Verfahrenskostenstundung bei Eheleuten
Nach § 1360 a Nr. 4 BGB sind sich Eheleute als Teil der Unterhaltspflicht gegenseitig dazu verpflichtet, die Kosten für einen persönlichen Rechtsstreit vorzuschießen. Dazu gehören auch die Kosten eines Insolvenzverfahrens, soweit dies der Billigkeit entspricht. Deshalb muss bei Eheleuten eine zusätzliche Erklärung abgegeben werden.
Unbillig ist eine Heranziehung, wenn die Schulden außerhalb der Ehe entstanden sind und nicht zum Aufbau oder der Erhaltung der gemeinsamen wirtschaftlichen Existenz dienten.
Sind beispielsweise die Schulden weit vor dem Kennenlernen des künftigen Ehepartners oder der Ehepartnerin entstanden, so können die Partner oder Partnerinnen nicht für die Verfahrenskosten herangezogen werden.
Unbillig könnte es im Einzelfall auch sein, wenn die Schulden durch eine Spielsucht entstanden sind. Leben die Eheleute bereits getrennt, ist i.d.R. auch von einer Unbilligkeit auszugehen.
Der Vorschuss der Verfahrenskosten scheidet außerdem aus, wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin selbst kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen dafür hat. Deshalb muss in der Erklärung auch das Einkommen und Vermögen des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin angegeben werden.
Viele Ehepartner oder Ehepartnerinnen erschrecken bei diesen Angaben und haben Angst, in Haftung genommen zu werden. Das ist jedoch völlig unbegründet. Es geht immer nur um die Verfahrenskosten und es entsteht keine direkte Haftung des Ehepartners oder der Ehepartnerin gegenüber dem Gericht. Es besteht nur die Verpflichtung zwischen den Eheleuten intern, den notwendigen Vorschuss zu gewähren. Gewährt der Ehepartner oder die Ehepartnerin diesen Vorschuss nicht, obwohl er oder sie dafür die notwendigen Mittel hätte, ist dies eine Verletzung der Unterhaltspflicht und muss vom Ehepartner oder der Ehepartnerin als solche ggf. eingeklagt werden.
Veränderungen während des Verfahrens
Das Gericht kann die Entscheidung über die Gewährung der Verfahrenskostenstundung jederzeit ändern, wenn sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben. Deshalb sind solche Änderungen dem Gericht mitzuteilen, und zwar unverzüglich!
- Aufgehoben werden kann die Stundung auch bei
- Vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Angaben
- Wenn der Schuldner oder die Schuldnerin mit der Zahlung einer Monatsrate oder eines sonstigen Betrages im Verzug ist
- Einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit
- Versagung oder Widerruf der Restschuldbefreiung
Eine Aufhebung der Verfahrenskostenstundung führt in der Insolvenzphase zur Einstellung des Verfahrens mangels Masse. In der Wohlverhaltensphase führt es dazu, dass die Treuhändergebühren sofort zu zahlen sind und bei Nichtzahlung die Restschuldbefreiung versagt werden kann.
Weitere Stundung der Verfahrenskosten nach Erteilung der Restschuldbefreiung
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Eine Stundung bedeutet nicht, dass die Verfahrenskosten nicht bezahlt werden müssen. Das Verfahren ist also nicht „kostenlos“, wie manchmal behauptet wird. Die Stundung bedeutet nur, dass die Fälligkeit auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Und dieser Zeitpunkt ist bei einem positiv verlaufenden Verfahren die Erteilung der Restschuldbefreiung.
Sind dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder in der Insolvenz- bzw. Wohlverhaltensphase Gelder zugeflossen, so werden davon zuerst die Verfahrenskosten gedeckt. Diese Zuflüsse können beispielsweise durch pfändbares Einkommen, durch Steuerrückerstattungen oder durch verwertetes Vermögen entstanden sein. Im besten Fall ist dann von den Verfahrenskosten zum Zeitpunkt der Restschuldbefreiung nichts mehr oder nur ein kleiner Teil übrig.
Nicht selten gibt es aber auch masselose Verfahren, in denen vom Insolvenzverwalter bzw. vom Treuhänder nichts erwirtschaftet wurde. In diesen Verfahren sind zum Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung noch alle Kosten offen.
Kann der Schuldner oder die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung diese Kosten nicht bezahlen, sollte die „weitere Stundung der Verfahrenskosten nach Erteilung der Restschuldbefreiung“ beim Insolvenzgericht beantragt werden.
Vorsicht! Wird diese weitere Stundung nicht schon vor Erteilung der Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht beantragt, gibt das Gericht die Verfahrenskosten i.d.R. an die zuständige Landesoberkasse ab. Die Rechnung über die Verfahrenskosten kommt dann von der Landesoberkasse. Immer wieder wird deshalb von den Klienten bei der Landesoberkasse eine weitere Stundung beantragt und die Landesoberkasse bewilligt die Stundung nach Verwaltungsrecht. Das führt aber meist spätestens nach einem Jahr zu Problemen.
Nur bei einer Stundung durch das Insolvenzgericht gem. § 4 b InsO gelten die dort festgelegten besonderen Regeln für die Rückzahlung und Anpassung der gestundeten Beträge. Je nach Einkommen und Vermögen des Schuldners oder der Schuldnerin wird eine Stundung mit oder ohne monatliche Rate festgesetzt.
Verändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse, ist der Schuldner oder die Schuldnerin auch hier verpflichtet, diese Änderungen dem Insolvenzgericht mitzuteilen.
Eine Änderung der Stundungsbedingungen ist nach dem Ablauf von 4 Jahr nicht mehr zum Nachteil des Schuldners oder der Schuldnerin möglich. Das bedeutet, war der Schuldner oder die Schuldnerin auch nach der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht verpflichtet, eine Rate zu zahlen, dann werden die Verfahrenskosten nicht mehr geltend gemacht.
Am besten ist es, kurz vor Erteilung der Restschuldbefreiung den Antrag auf weitere Stundung der Verfahrenskosten beim Insolvenzgericht einzureichen. Dieser Antrag kann formlos gestellt werden. Es sind aber Nachweise zum Einkommen und evtl. vorhandenem Vermögen beizulegen.
Leider weisen nur sehr wenige Gerichte deutlich auf diese Möglichkeit hin. Nur ganz vereinzelte Gerichte versenden mit der Restschuldbefreiung ein Musterschreiben für diese weitere Stundung der Verfahrenskosten.
Für die Schuldnerberatungsstellen wäre es wünschenswert, wenn alle Insolvenzgerichte ein einheitliches Formular für die Verfahrenskostenstundung verwenden und einheitlich vorgehen würden. Auch sollten entsprechende Hinweise verständlicher und übersichtlicher gestaltet werden. Die Versagung wegen der Nichtzahlung der Treuhändergebühren kommt leider immer wieder vor. Sie macht allen Beteiligten unnötig mehr Arbeit in einem ohnehin überlasteten System.
Nachfolgend finden Sie zwei Beispiele für Stundungsanträge – einmal ein „reiner“ Stundungsantrag, der wohl in NRW, Hamburg und im Saarland gebräuchlich ist und einmal ein Stundungsantrag eines Beratungsstellenverbunds aus Baden-Württemberg, der weitere je nach Insolvenzverfahren einschlägige Erklärungen und auch die Erklärung des ggf. betroffenen Ehe- oder Lebenspartners zur Prüfung der Billigkeit der Verfahrenskostenübernahme enthält.